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Patienten bleiben weg
Rating-Report: Auch sinkende Erlöse wegen nicht ausgelasteter Betten belasten die Krankenhäuser
Wieder eine düstere Prognose: Der Krankenhaus-Rating-Report brachte auch in diesem Jahr keine erfreulichen Nachrichten zur wirtschaftlichen Situation der stationären Versorgung. In die vor wenigen Tagen veröffentlichte Analyse auf etwa 240 Seiten sind die Bilanzen von fast 1000 Krankenhäusern aus dem Jahre 2021 eingeflossen, das sind 70 Prozent der Gesamtzahl. Herausgegeben wird der Report seit fast 20 Jahren unter anderem vom RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Essen.
Zu den bedrückenden Ergebnissen der Untersuchung gehört, dass bei Fortschreibung der Ertragsabschlüsse von 2021 bis 2023 schon in diesem Jahr 18 Prozent der Krankenhäuser die Insolvenz droht, 2030 dann sogar 44 Prozent. Wohlgemerkt, wenn sich an den Rahmenbedingungen nichts ändert, es keine Reform, dafür aber eine fortschreitende ungünstige demografische Entwicklung gäbe. Keine schwarzen Zahlen schrieben dann Ende dieses Jahres 47 Prozent der Häuser, 2030 sogar 58 Prozent.
Seit Beginn der Pandemie haben die Krankenhäuser insgesamt 13 Prozent weniger Patienten. Im Jahr 2021 waren die Allgemeinkrankenhäuser mit ihren 437 000 Betten nur zu 66 Prozent ausgelastet. Insgesamt scheint das auch so zu bleiben, selbst wenn einer der Gründe – nämlich die Angst vor Ansteckung mit Sars-Cov-2 – so gut wie verschwunden ist. Für die Kliniken heißt das, dass sie weniger Erlöse haben, während ihre Kosten steigen, unter anderem für Energie.
Die Autoren des Reports halten eine Auslastung von 85 Prozent für ein realistisches Ziel. Würde parallel die Ambulantisierung vorankommen, bliebe am Ende ein Bedarf von 310 000 Betten, geschätzt 1165 Krankenhäuser würde dann ausreichen. Laut dem Report-Mitherausgeber Boris Augurzky blieben selbst bei dieser Zahl noch Wahlmöglichkeiten für die Patienten. Wirtschaftlich und baulich sinnvolle Standardgrößen der Krankenhäuser wären damit ebenfalls erreichbar. Diese Berechnung bleibt noch unter der Zahl von 1250, die der GKV-Spitzenverband jüngst in einem eigenen Szenario für notwendig erachtete.
Im Gegensatz zu den akuten Pandemiezeiten wird es auch absehbar keine staatlichen Hilfen mehr geben, also keinen Rettungsschirm. Hinzu kommt andauernde Personalknappheit, inzwischen deutlich über die Pflegeberufe hinaus. Die Krankenhäuser stehen also unter Druck, abgesehen von Reformen auch selbst Entscheidungen zu treffen.
Aufgelöst werden kann das Dilemma eigentlich nur mit einer Reform. Ökonomen wie Augurzky halten solch eine am Ende gesteuerte »Marktbereinigung« immer noch für besser als einen »kalten« Strukturwandel. Bei diesem müssten Jahr für Jahr immer weitere Krankenhäuser aus wirtschaftlichen Gründen schließen, wenn nicht ihre Träger sie stützen und sanieren oder umstrukturieren.
Nun ist mit dem Projekt Krankenhausreform des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD) aber bereits absehbar, dass die Politik handeln wird. Allerdings ist momentan noch an vielen Punkten unklar, wie genau das aussehen soll, und noch weniger, welche Wirkung das Unterfangen haben wird. Der Rating-Report setzt mit seinem aktuellen Titel »Die Revolution?!« ebenfalls dieses Fragezeichen.
Einer der Trends, den auch die Reform aufnehmen wird, ist der zunehmende Anteil ambulanter medizinischer Leistungen. Dabei liegt Deutschland im internationalen Vergleich zurück, und die hierzulande zahlreichen Kurz- oder Ein-Tages-Aufenthalte sind nicht immer sachlich begründet. Sie kosten aber unter anderem Pflege-Arbeitszeit. Gesundheitsökonom Augurzky erklärt, dass 20 Prozent der noch stationär erbrachten Leistungen »konservativ geschätzt« auch ambulant erfolgen könnten.
Aber nicht nur hier muss die Politik mit ihren Reformbemühungen reagieren. Es sollten auch Ideen zur Behebung der Personalknappheit einfließen, die bislang versäumten Chancen der Digitalisierung endlich wahrgenommen werden. Das alles ist nur mit politischen Kompromissen umsetzbar, denn die Hoheit für die dringend zu verbessernde Krankenhausplanung liegt bei den Bundesländern. Betrachtet man die Lage der Kliniken, so haben Baden-Württemberg und Bayern mit über 40 Prozent den höchsten Anteil von Häusern, die Verluste machen. Hingegen ist der Freistaat Sachsen der Spitzenreiter mit den meisten ökonomisch gesunden Einrichtungen: 86 Prozent der Kliniken dort beendeten das Jahr 2021 mit einem Gewinn. Über 70 Prozent wurden auch in den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein erreicht.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft mahnt anlässlich des Rating-Reports mindestens ein Vorschaltgesetz zum Inflationsausgleich an. Ohne dieses würden die meisten Häuser die angekündigte Reform nicht mehr erleben. Die Erlössteigerungen von insgesamt 6,5 Prozent für 2022 und 2023 seien bei 17 Prozent Preissteigerung in dieser Zeit unzureichend. Die Krankenhäuser verschuldeten sich so Monat für Monat um weitere 600 Millionen Euro.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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