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Beitragsanhebungen eingepreist
In den Haushaltsberatungen des Bundestages bleiben im Bereich Gesundheit die großen Fragen offen
Zahlen können täuschen: Zwar weist der Einzelplan 15 – für das Gesundheitsministerium – im Bundeshaushalt 2025 die drittgrößte Zuwachsrate aller Einzelpläne im Vergleich zum Vorjahr auf. Aber die 19,3 Milliarden Euro werden für eine ganze Reihe der großen Probleme in der Gesundheitsversorgung nicht reichen, das ist schon absehbar.
Die erste Lesung dieses Etats im Bundestag am Donnerstagabend stimmte denn auch nicht besonders optimistisch, was den aktuellen Reformbedarf angeht. Zwar eröffnete Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) den Ausblick auf erste Gesetzesvorhaben in diesem Jahr: Noch im Sommer im Kabinett behandelt würden Gesetze zur bundeseinheitlichen Pflegeausbildung sowie zur beschleunigten Anerkennung ausländischer Ärztinnen und Ärzte. Ein Anpassungsgesetz zur Krankenhausreform soll sogar noch vor der Sommerpause kommen. Wenn Warken hier besonders die Abstimmung mit den Ländern betont, ist darunter vor allem zu verstehen, dass die unionsgeführten Bundesländer wohl doch noch Chancen sehen, die angesetzten Strukturveränderungen in der Reform zu umgehen. Es ist absehbar, dass die vorgesehenen Leistungsgruppen oder die Vorhaltevergütung hier noch einmal infrage gestellt werden.
Besonders stolz zeigte sich die Ministerin in Bezug auf die Summen, die für ihren Bereich aus dem Sondervermögen Infrastruktur fließen würden, nämlich unter anderem vier Milliarden an verspäteten Soforthilfen für die Krankenhäuser. Hier monierte etwa der Grünen-Gesundheitspolitiker Armin Grau eine »Rückwärtsfinanzierung mit der Gießkanne«, mit der alte Betriebskostenlücken gestopft würden. Ebenfalls soll die Digitalisierung der Rettungsdienste in Zukunft aus dem Sondervermögen finanziert werden, genauso weitere Digitalisierungsvorhaben im Gesundheitssektor.
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Bei den großen offenen Fragen zu den Finanzen der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) bleibt Warken hinter Andeutungen der letzten Wochen zurück. Zwar betont sie erneut, dass hier endlich klare Verhältnisse zu schaffen wären, also Kostendeckung etwa bei der Gesundheitsversicherung von Bürgergeldempfängern durch staatliche Zuschüsse erreicht werden müsse. Wann das passieren soll, bleibt allerdings völlig offen. Genauso sieht es bei den staatlichen Schulden aus der Coronazeit gegenüber der Pflegeversicherung aus. Die Ministerin räumt sogar ein, dass die geplanten Darlehen für Pflege- und Krankenversicherung nicht reichen würden, sie deutet aber an, dass noch eine Beitragssatzanhebung nötig wäre – und weitere vermieden werden müssten.
An diesem Punkt hatten schon vor der parlamentarischen Beratung Kassen und Opposition Kritik formuliert. Wie auch einzelne gesetzliche Kassen befürchtet deren Spitzenverband, dass die Rückzahlung der Darlehen die Beitragszahlenden dann mit noch größerer Wucht treffen wird.
Allein für die GKV sind sie in Höhe von je 2,3 Milliarden Euro für 2025 und 2026 vorgesehen, für die Soziale Pflegeversicherung insgesamt zwei Milliarden Euro über beide Jahre. Der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes hält deshalb kurzfristig sogar ein Gesetz zur Stabilisierung der GKV für notwendig. Angeregt wird nicht zum ersten Mal ein Ausgabenmoratorium in dem Sinne, dass es keine höheren Ausgaben geben dürfe als die Einnahmen es ermöglichen. So könnte Beitragsstabilität gesichert werden.
Die Abgeordneten der Linken setzten in der Debatte auf die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze, um die gesetzlichen Kassen wieder in ruhigeres Fahrwasser zu bringen. Die Grenze liegt für die GKV in diesem Jahr bei 5512,50 Euro. Ab einem solchen Monatseinkommen bleiben die Summen darüber hinaus beitragsfrei, was also Besserverdienende im Vergleich entlastet.
Entlastungen bei den Gesundheitsausgaben oder zusätzliche Einnahmen sind nicht zu erwarten. Eher hängt über allem noch das Damoklesschwert der ausstehenden Prozesse zur Maskenbeschaffung. Grünen-Abgeordnete Paula Piechotta befürchtet, dass eventuell dann fällige Strafzahlungen in Höhe von 1,4 Milliarden Euro noch zusätzlich im Gesundheitshaushalt eingespart werden müssten.
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