Wohnungsbauförderung: Die Abgeordneten sollen nicht mitreden

Die Wohnungsbauförderung wird im Hauptausschuss diskutiert – der dürfte künftig weniger mitzuentscheiden haben

  • Yannic Walther
  • Lesedauer: 3 Min.

Am Mittwoch wird die überarbeitete Wohnungsbauförderung in den Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses eingebracht. Unmittelbar im Anschluss sollen die neuen Regelung dann in Kraft treten. Es geht um viel Geld: Künftig soll auch der Bau von Wohnungen mit Einstiegsmieten ab 11,50 Euro je Quadratmeter gefördert werden. Nicht nur wegen dieser »Sozialwohnungen für die Mittelschicht« ist der Entwurf der Wohnungsbauförderung umstritten. »Die parlamentarische Kontrolle wurde gestrichen«, kritisiert Katrin Schmidberger, Wohnungsexpertin der Grünen im Abgeordnetenhaus, gegenüber »nd«.

Wenn künftig die Baukosten steigen, sollen sich auch die Fördermittel für den Wohnungsbau erhöhen. »Durch diese Dynamisierung der Kostensätze wird eine gefährliche Spirale freigesetzt«, warnt auch die Berliner Mietergemeinschaft in einer Stellungnahme. In den vergangen neun Jahren habe sich die Fördersumme je Wohnung bereits mehr als verdreifacht. Noch in der alten Richtlinie von 2022 gibt es den Passus, dass Änderungen bei den Förderbeträgen der Zustimmung des Hauptausschusses im Abgeordnetenhaus bedürfen. Davon ist nun keine Rede mehr.

Grüne und Linke hatten diesen Vorbehalt unter Rot-Grün-Rot durchsetzen können. Jetzt wolle man anscheinend kritische Fragen vermeiden, sagt Schmidberger, Grünen-Mitglied im Hauptausschuss. »Das ist heftig. Es geht hier um sehr viel Geld des Landes«, betont sie.

Anders sieht Christian Gräff, CDU-Wohnungspolitiker, die Regelung: »Alles, was nicht noch einmal ins Parlament muss, ist gut. Dass jede kleine Änderung erst politisch diskutiert werden muss, ist ein Problem Berlins, an dem Grüne und Linke ihren Anteil haben«, sagt er zu »nd«. Innerhalb der CDU hätte man die Wohnungsbauförderung in den vergangenen zwei Wochen intensiv diskutiert. »Es ist immer ein Kompromiss, wir sind aber zufrieden. Gerade der dritte Förderweg ist uns wichtig«, sagt Gräff. Die CDU hatte selbst in ihrem wohnungspolitischen Programm einen Wohnungsberechtigungsschein WBS 240 gefordert.

Die tatsächliche Richtlinie sieht einen WBS 220 vor. Das heißt, dass bei bis zu 220 Prozent der Bundeseinkommensgrenze ein Berechtigungsschein ausgestellt werden soll. Ein Single-Haushalt mit einem Einkommen von 2200 Euro netto kann solch einen Schein beantragen und eine entsprechende Wohnung mit einer geförderten Miete von 11,50 Euro je Quadratmeter anmieten. Der Berechtigtenkreis für einen WBS wächst damit auf 60 Prozent aller Berliner Haushalte.

Wer aber Wohnungen für das dritte Segment bauen will, muss nach der Novelle auch 30 Prozent Wohnungen zu Einstiegsmieten ab 7 Euro je Quadratmeter bauen. Gerade das unterste Einkommenssegment würde sonst nicht bedient werden beim Neubau. Wohlgemerkt: Die Rede ist von Einstiegsmieten. Wie schon bei der Richtlinie zuvor darf die Miete alle zwei Jahre erhöht werden. Neu ist aber, dass der Betrag ab der achten Staffel um jeweils 5 Cent auf je nach Fördersegment 25, 30 oder 35 Cent je Quadratmeter Wohnfläche ansteigt.

Ein »tiefgreifender Paradigmenwechsel«, wie es die Senatsbauverwaltung in einer Vorlage nennt, findet auch auf der anderen Seite statt: Im ersten Fördermodell wird das Baudarlehen in einen wirtschaftlich für den Bauherren attraktiveren Baukostenzuschuss umgewandelt. In den anderen Fördermodellen gibt es ein erhöhtes Baudarlehen, dessen Höhe es möglich machen soll, Bauvorhaben ohne das wegen der Zinskosten teure Fremdkapital zu finanzieren.

»Diese Veränderungen haben eine massive Erhöhung der durchschnittlichen Förderintensität zur Folge«, schreibt die Senatsbauverwaltung. Für die kommenden Jahre werden Fördermittel in Höhe von 300 000 Euro angesetzt – pro Wohnung. Die Wohnungsbauförderung soll im kommenden Haushalt auf 1,5 Milliarden Euro verdoppelt werden.

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