Die Republikaner und das Klima: Hauptsache Kohlenstoff

Die US-Republikaner stehen fest zur fossilen Wirtschaftsweise – mit der Leugnung des Klimawandels halten sie sich immer seltener auf

  • Julian Hitschler
  • Lesedauer: 5 Min.
Ein Ölbohrturm inmitten einer Solaranlage in Bakersfield, Kalifornien
Ein Ölbohrturm inmitten einer Solaranlage in Bakersfield, Kalifornien

Dieser Beitrag ist Teil des Schwerpunkts »Klimakrise und die politische Rechte«.

Im Jahr 1986 verfasste der US-amerikanische Philosoph Harry Frankfurt sein Essay »On Bullshit«. Bullshit, also leeres Geschwafel, unterscheidet sich laut Frankfurt von der Lüge dadurch, dass Sprecher*innen ein indifferentes Verhältnis zur Wahrheit haben. Wer lügt, versucht zu täuschen. Wer Bullshit verzapft, möchte in erster Linie überhaupt irgendetwas sagen. Die Entwicklung der Botschaft der US-Konservativen zur Klimakrise lässt sich im Sinn von Frankfurt als Evolution von der Lüge hin zum Bullshit beschreiben.

In den 90ern und Nullerjahren waren die US-Republikaner Meister der Klimawandelleugnung. Die Erde erwärme sich nicht, hieß es, und wenn, dann sei daran die wachsende Aktivität der Sonne schuld. Noch 2015 brachte Senator James Inhofe aus dem Ölstaat Oklahoma einen Schneeball in den Plenarsaal des Senats, um zu demonstrieren, dass sich der kalte Washingtoner Winter nicht abgemildert habe. Doch seither hat die offene Leugnung des Klimawandels auch bei den Republikanern abgenommen. Zu offensichtlich sind seine Auswirkungen auch in den USA: Waldbrände, extreme Hitze, Dürren und Tornados von nie gekannter Intensität. Immer mehr US-Amerikaner*innen geben an, der Klimawandel bereite ihnen Sorgen, vor allem die unter 35-Jährigen.

Die US-Rechte weiß, dass ihr das Thema gefährlich werden könnte. Sie kann nicht länger einfach abstreiten, dass es den Klimawandel gibt oder wenig plausible Erklärungen über seinen nichtmenschlichen Ursprung verbreiten. Ungefähr seit Beginn der Präsidentschaft Donald Trumps sucht sie daher nach rhetorischen Strategien, die ihrer Wählerbasis erlauben, den Widerspruch aufzulösen zwischen dem Wissen um die Klimakrise und der Untätigkeit der Politik.

Ebenso wie hierzulande war der Klimawandel in den USA auch immer Kulturkampf-Thema: Über viele Jahre brandmarkten die Republikaner die Demokraten als sentimentale Hippies, die sich übertriebene Sorgen um ein Problem machten, das vielleicht in einigen hundert Jahren ernsthafte Auswirkungen auf die Durchschnittsamerikaner*in haben würde. In die Hände spielte ihnen dabei ein gesellschaftlicher Diskurs, der den Klimawandel primär als Frage der Verantwortung gegenüber künftigen Generationen darstellt.

Doch in den USA ging es in der Klimafrage von Anfang an auch um die Interessen verschiedener Regionen und Wirtschaftszweige. Kohlestaaten wie Wyoming, West Virginia und Kentucky sowie die Ölförderbecken von Texas und North Dakota zählen nicht zufällig zu den Hochburgen der Republikaner. Auffällig ist, dass diese Regionen – anders als etwa Arizona oder Georgia, die nur in geringem Umfang fossile Energieträger produzieren – politisch in den letzten Jahren weiter nach rechts gerutscht sind. Auf dem Vormarsch sind die Konservativen auch in Ohio und im westlichen Pennsylvania, wo die Fracking-Industrie boomt. Die Politikwissenschaftler Thomas Oatley und Mark Blyth sprechen bei der Parteibasis der Republikaner daher von einer »Carbon Coalition« – einer politischen Koalition, die sich um Extraktion, Verarbeitung und Verbrauch kohlenstoffbasierter Energieträger versammelt hat.

Doch selbst deren Beschäftigte wissen inzwischen häufig, dass die Verbrennung fossiler Energieträger schädlich für das Klima ist. Ihre unmittelbaren ökonomischen Interessen halten sie dennoch überwiegend im konservativen Lager. In anderen Landesteilen und bei Wechselwähler*innen hingegen geraten die Republikaner beim Thema Klima zunehmend unter Druck.

Bei den rhetorischen Strategien, die die US-Rechte einsetzt, handelt es sich zwar durchweg um Nebelkerzen. Dennoch wird die Botschaft je nach Publikum angepasst – wo grober Unfug ausreicht, wird er auch vorgetragen. So beruhigte der konservative Kommentator Ben Shapiro sein Publikum aus Florida vor einiger Zeit, es sollte einfach seine Häuser verkaufen und umziehen, wenn es an den Küsten der flachen Halbinsel verstärkt zu Überschwemmungen kommt. Die berechtigte Nachfrage nach der potenziellen Käufer*innengruppe stellte niemand.

Darüber hinaus liefern die US-Republikaner das Standardprogramm der Krisenrelativierung: Ja, der Klimawandel verursache Kosten, ihn aufzuhalten sei jedoch teurer. Man sollte sich lieber an ihn anpassen. Im Übrigen seien die Emissionen aus China das eigentliche Problem, die USA seien hier machtlos. Auch gäbe es bessere Möglichkeiten, die Klimaveränderungen auszubremsen, als Emissionsreduktionen. Während der Hitzewelle der vergangenen Tage besuchte Kevin McCarthy, der Sprecher des Repräsentantenhauses, ein Erdgasfeld in Ohio und warb dort für ein großes Aufforstungsprogramm. Darüber hinaus beschwert man sich über »woke« Finanzprodukte, die anhand undurchsichtiger Nachhaltigkeitskriterien, sogenannten ESG-Rankings, bewertet werden. Jedes Argument ist recht, solange es fossile Energieträger schützt.

Allerdings sind diese Thesen und Behauptungen von Hunderten von Studien widerlegt. Und sollten sich die Republikaner mit ihren klimapolitischen Vorstellungen durchsetzen, würde dies der US-Wirtschaft auf lange Sicht ernsthaften Schaden zufügen. Dies verkompliziert die Lage etwas: Auch in den USA haben Teile des fossilen Kapitals verstanden, dass sie ihr Geschäftsmodell nicht beliebig fortschreiben können. Dies bedeutet nicht, dass sich etwa große Ölkonzerne gänzlich wandeln, wohl aber, dass sie zum Beispiel in Technologien wie die unterirdische Kohlenstoffverpressung investieren wollen. Hierfür benötigen sie Subventionen und die langfristige Unterstützung des Staates. Die bietet ihnen das Klimaschutzgesetz von Präsident Joe Biden, der Inflation Reduction Act (IRA).

Auffällig war, dass die Republikaner im Wahlkampf von 2022 den IRA kaum direkt angriffen. Auch bei den Haushaltsverhandlungen Ende Mai waren die neuen Klimasubventionen einer der ersten Punkte, bei denen Parlamentssprecher McCarthy einknickte. Eine Rolle spielen hierbei auch die massiven Investitionen in klimafreundliche Technologien, von denen auch konservative Regionen profitieren. Im Wahlkreis der ultrarechten Abgeordneten Marjorie Taylor Greene im Nordwesten Georgias eröffnete vor kurzem ein Werk des Solarherstellers Q-Cells, ein weiteres ist im Bau. Die Investition begrüßte Taylor Greene ausdrücklich. Den menschengemachten Klimawandel leugnet sie weiter.

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