Ferienflegel immer dreister!

Gegen Autobahnblockierer sollte härter durchgegriffen werden, meint Andreas Koristka

Der Zorn der deutschen Bevölkerung ist so groß wie ein VW Amarok. Denn pünktlich zum Ferienbeginn haben sich Millionen Ferienflegel aufgemacht, um die deutschen Autobahnen zu blockieren. Die Folge sind gigantische Staus. Die Chaoten geben an, nur das Beste zu wollen. Sie möchten angeblich nur für ein paar Tage an die Ostsee oder in die Alpen, um die dort ansässige Bevölkerung mit ihrem Dialekt zu beglücken oder sich bei ihr über die schlecht geputzten Ferienwohnungen zu beschweren und ins Meer zu pullern.

Die echten Autofahrer sind genervt. »Die müssen ja nicht zur Arbeit!«, schreien sie, wenn sie wieder einmal einen voll besetzten Van samt Fahrrad- und Dachgepäckträger von der Autobahn zerren. Die Wut ist so verständlich wie der Geifer der Rage, der ihnen aus den Mündern trieft. Denn viele haben es eilig. Die meisten echten Autofahrer haben wichtige Termine (zum Beispiel Fußpflege). Manch einer hat das Sonderangebot eines Supermarktes entdeckt und transportiert eine Fünf-Liter-Packung Vanilleeis, die zu schmelzen droht.

Andreas Koristka

Andreas Koristka ist Redakteur der Satire-Zeitschrift Eulenspiegel. Für »nd.DieWoche« schreibt er alle zwei Wochen die Kolumne »Betreutes Lesen«. Alle Texte unter: dasnd.de/koristka

Aber Vorsicht: Selbstjustiz gegen Ferienflegel kann strafbar sein. Rechtlich könnte man sich zwar auf Notwehr berufen, aber Polizisten sind sogar gezwungen, Strafanzeige zu stellen, wenn man die frechen Autobahnblockierer mit ein paar Ohrfeigen abfertigt, die Luft aus ihren Reifen lässt, ihre gebügelten Jeans aus den Koffern reißt und auf der Fahrbahn verteilt und ihre Autos anzündet. Nehmen die Ordnungshüter dann keine Anzeige auf, verstoßen sie gegen das sogenannte Legalitätsprinzip. Die Polizeiführung hat in einem internen Schreiben darauf hingewiesen, dass es ausschließlich Aufgabe der Polizei sei, Ferienflegel ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Das sorgt bei den Beamten allerdings für Unmut, weil die spontanen Lösungen auf der Straße oft kreativer und unkomplizierter sind und zudem Papierkram ersparen.

Die Politik hat sich bereits zu Wort gemeldet. Markus Söder (CSU) bekräftigte, dass Bayern den Ferienflegeln mit besonderer Strenge begegnen wird (»Einsperren und nackt auspeitschen!«). Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) will undogmatisch handeln. Sollten sich seine Koalitionspartner weigern, dass Menschen, die mehr als fünf volle Tage Urlaub nehmen, in Präventivhaft genommen werden können, müsse man notfalls pragmatische Lösungen mit der AfD finden.

nd.Kompakt – unser täglicher Newsletter

Unser täglicher Newsletter nd.Kompakt bringt Ordnung in den Nachrichtenwahnsinn. Sie erhalten jeden Tag einen Überblick zu den spannendsten Geschichten aus der Redaktion. Hier das kostenlose Abo holen.

Diese Regelungen greifen aber noch nicht an diesem Wochenende. Deshalb wird es wieder Szenen der Verzweiflung auf den Straßen geben. Wahrscheinlich werden wieder dreiste Urlauber grinsend das Reißverschlussprinzip beim Einfädeln auf die weiterführende Spur ignorieren oder die ortsansässigen Provinzler auf den Landstraßen ärgern, indem sie deutlich langsamer als die üblichen 120 km/h fahren, die das Gewohnheitsrecht vorgibt.

Indessen radikalisieren sich die Ferienflegel. Terror-Experten sprechen bereits von einer Urlaubs-RAF. Für zwei unbeschwerte Wochen in der Pfalz nehmen diese Verbrecher mittlerweile sogar in Kauf, dass Lkw-Fahrer durch Staus aus dem Sekundenschlaf geweckt werden.

Das Unverständnis in der Bevölkerung wächst durch diese Verblendung. Viele können den Wunsch nach Urlaub zwar nachvollziehen, aber man dürfe ihn nicht auf Kosten der Allgemeinheit realisieren. Oder schlimmer noch: auf Kosten des deutschen Autofahrers, der Melkkuh der Nation, der immerhin große Teile der Duftbaumindustrie finanziert. Daran sollte jeder denken, der die deutschen Autobahnen mutwillig wegen Urlaub blockiert!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal