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Trump: Lebenspreis fürs Muschigrapschen
Die Fifa will Donald Trump als Friedensstifter ehren. Das soll reichen, fragt nd-Kolumnist Andreas Koristka? Der Mann verdient doch so viel mehr
Noch haben die großen Reiseveranstalter den Gazastreifen nicht im Programm. Sieht man die Bilder der zerstörten Häuser aus der Region, wird augenfällig, dass es mit Donald Trumps Plan, diesen Ort zur Riviera des Nahen Ostens umzuformen, verständlicherweise noch ein wenig dauern dürfte. Das ist wohl auch einer der Gründe dafür, dass der US-Präsident dieses Jahr noch nicht den Friedensnobelpreis erhalten hat. Aber nicht einmal, wenn im nächsten Jahr die ersten Hamas-Tunnel zu Fünf-Sterne-Hotels ausgebaut sein werden, die Yachten vor der Küste ankern und Starköche aus der ganzen Welt in Gaza-Stadt asiatische Fusionsküche auf upgecycelten Granatensplittern servieren, sollte sich Trump allzu große Hoffnungen auf den Preis machen.
Das Nobelpreiskomitee ist nämlich traditionell verstockt und pflegt Vorurteile gegenüber orangefarbenen Narzissten mit autokratischen Ambitionen und einem Faible für Analogfernsehen. Zum Glück zeigen sich andere Organisationen weitaus aufgeschlossener. Dazu zählt der Fußballweltverband Fifa. Der hat extra einen Preis für »Frieden und Völkerverständigung« geschaffen, der am 5. Dezember erstmals vergeben wird.
Andreas Koristka ist Redakteur der Satirezeitschrift »Eulenspiegel«. Für »nd.DieWoche« schreibt er alle zwei Wochen die Kolumne »Betreutes Lesen«. Alle Texte unter dasnd.de/koristka.
Es ist natürlich geheim, wer diese Auszeichnung erhalten soll, aber angesichts der Tatsache, dass sich Fifa-Präsident Giovanni Infantino und Trump ausgezeichnet verstehen, dürfte es wohl als ausgemachte Sache gelten, dass das stabile Genie mit dem »Pilzpenis« (Stormy Daniels) aus den USA der erste Preisträger sein wird. Aber reicht das, um Trumps Gemüt zu besänftigen? Lässt sich ein Mann, dessen Geltungssucht in etwa die doppelte Landfläche Grönlands ausfüllen kann, so leicht abfrühstücken?
Zweifel daran sind durchaus angebracht. Und wenn Infantino die kommende WM in Nordamerika halbwegs störungsfrei über die Bühne bringen möchte, ohne dass die Nationalgarde während der Gruppenspiele einmarschiert, um die Heimmannschaft bei Freistößen militärisch zu unterstützen, dann sollte die Fifa nachjustieren. Sie bricht sich doch keine Zacke aus dem Toupet, wenn sie Trump zum »Frisurenmann des Jahres« ernennt. Sein gutes Abschneiden bei seinem letzten Demenztest könnte mit dem »Fifa-Orden für den nicht vergessenen Haustürschlüssel« gewürdigt werden und seine Verdienste ums forsche Muschigrapschen sollten allemal ausreichen, um Trump für sein Lebenswerk auszuzeichnen. Außerdem könnte die Fifa Joe Biden den Wahlsieg von 2020 per Videobeweis aberkennen. Warum wird davon nicht Gebrauch gemacht?
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Giovanni Infantino sollte schon jetzt handeln, um sicherzugehen, dass Trump bei der WM die Vorrunde sowie Achtel-, Viertel- und Halbfinale gewinnt, sodass er im kommenden Jahr schließlich zum Fifa-Fußballweltmeister der Herren gekürt werden kann. Verleiht man ihm dann noch den Goldenen Ball, den Goldenen Schuh, den Goldenen Handschuh, die Fairplay-Trophäe und den Preis fürs schönste Tor des Turniers, dann wird er aller Wahrscheinlichkeit nach wohl halbwegs zufrieden sein mit dem Turnier. In diesem Fall hätte sich Giovanni Infantino den Friedensnobelpreis redlich verdient.
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