Regionalliga Nordost: Geknödel und Geschubse

BallHaus Ost: Der Saisonstart in der schönen Viertklassigkeit

  • Frank Willmann
  • Lesedauer: 3 Min.
Tobias Müller (M.), Kapitän der Chemnitzer »Resterampe« gegen zwei »Hasenfüße« aus Jena
Tobias Müller (M.), Kapitän der Chemnitzer »Resterampe« gegen zwei »Hasenfüße« aus Jena

Welche Freude, welches Glück, die Regionalliga Nordost stürzte uns Sportfreundinnen und Sportfreunde am Wochenende wieder ins lokale Fußballgeschehen.

So sehr ich mich über die Sommerpause nach einer langen Saison freue, fehlt mir doch schon ein paar Tage später die Geruchsmelange aus Schwefel, eilig gezapftem Bier und Bratwurstfett. Auch das vorfreudige Geschubse, Geschiebe, das Flachsen und der Blick in die Glaskugel, um zu ermitteln, welch entsetzliches Geknödel uns womöglich erwarten würde, sind über Jahrzehnte liebgewordenen Apperzeptionen, die mir unser Fußball schenkt. Natürlich versuchen wir uns mittels Bildschirmfußball frisch zu halten, doch sagt mir, ihr Lieben – und Hand aufs Herz –, was ist euch lieber: Dortmund in den USA gegen Liverpool in der Glotze oder doch lieber ein Testkick von Berolina Mitte auf dem schönen Beroplatz in Berlin-Mitte mit Blick auf Sophienkirche und Fernsehturm? Wenn der Sommerwind mild unser Resthaar sichelt und golden das Hopfengebräu funkelt …

Ballhaus Ost

Frank Willmann blickt auf den Fußball zwischen Leipzig, Łódź und Ljubljana.

Sommerpausenzeit ist auch Lesezeit, mir segelte beispielsweise ein irre informatives Buch über die ex-jugoslawische Fußballkultur auf den Schreibtisch. Pjotr Jaworski bereiste jahrelang die Gegend, um alle erdenklichen Informationen zu den Fanszenen vor Ort zu sammeln. »Durch das ehemalige Jugoslawien – NAVIJAČI«: Auf beeindruckenden 612 Seiten können Fans ihr Wissen erweitern. Erschienen ist das Werk im Zwickauer Blickfang Ultra Verlag.

Fußballzwerg Zwickau ist nach sieben Jahren Drittklassigkeit in die Regionalliga abgerutscht. Der Verein ist quasi pleite, alle tauglichen Spieler haben das gesunkene Schiff verlassen, die Fans versuchen ihren Herzensklub über eine Crowdfunding-Kampagne zu retten. 250 000 Euro kamen bisher zusammen, die gleiche Summe wird noch einmal benötigt. Lasst uns spenden, unser Klub kann der nächste sein! Am Sonnabend wurde der FSV beim BFC Dynamo sanft vermöbelt. Drei Tore schossen die Berliner im regengepeitschten Hohenschönhausen vor knapp 3000 Zuschauern gegen die Westsachsen. Das ist eine kleine Hausnummer, der runderneuerte BFC zeigte sich in beeindruckender Frühform. Das Ziel der seit dieser Saison wieder mit dem alten Logo antretenden Dynamosportler, ist der Aufstieg. Auch Jena und Cottbus werden Drittligaambitionen nachgesagt. Lok Leipzig und RW Vieselbach (alias Erfurt) sollte man daneben auf dem Zettel haben.

Das göttliche Jena spielte in Chemnitz 0:0. Halbgeil, weil Chemnitz alle Topspieler verloren hat. Insgesamt aber ok, weil die Resterampe Chemnitz kämpferisch top auftrat und Hasenfußjena im Halbschlaf einen Punkt rettete.

Das wollitzige Cottbus verlor doppelgeil beim Wundertütenklub Viktoria Berlin mit 1:2. Für Energie-Trainer Pelle (wie Wurstpelle ohne Wurst) Wollitz wahrscheinlich das richtige Ergebnis, um auf Betriebstemperatur zu kommen. Er wird die Woche über alle Menschen, Tiere und Pflanzen innerhalb und außerhalb der Lausitz mit Hass und verletzender Sprache überziehen, um beim nächsten Spiel, gestählt durch die Mächte des Bösen, mit seinem grausamen Lachen empfindsame Spieler, kleine Rasenpflänzchen und zufällig vorbeifliegende Vögel in den Wahnsinn zu treiben.

Ich fordere im Namen aller Geknechteten bei Wollitzspielen ein Awareness-Team gegen Wollitzdiskriminierung, übergriffiges Wollitzverhalten und Wollitzgewalt für alle Menschen, Pflanzen und Tiere, die potenzielle Wollitzopfer werden könnten. Fußballgott, erbarme dich unser!

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