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Angriff auf Parlamentsrecht

Habeck-Beirat will »25-Mio-Vorlage« für Militär abschaffen

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.

Teuer und träge ist bekanntlich das Beschaffungswesen der Bundeswehr. Gerade jetzt, da vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges ungeheure Finanzmittel zum Kauf von Waffen, Gerät und Munition bereitstehen, ist Behäbigkeit ärgerlich. Weshalb Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) in seinem ersten Tagesbefehl zu Beginn seiner Amtszeit Ende April Druck machte: »Wo wir uns selbst unnötig Fesseln angelegt haben, werden wir diese nun abwerfen.«

Wie alle, die einmal auf dem Chefsessel des Verteidigungsministeriums saßen, ärgert sich Pistorius über die sogenannten 25-Mio-Vorlagen. Jeder Beschaffungsvorgang, der mehr als 25 Millionen Euro umfasst, muss laut Gesetz vom Haushaltsausschuss des Bundestages abgesegnet werden – in Eilfällen innerhalb von 48 Stunden.

Seit seiner Einführung 1981 blieb dieser demokratische Kontrollmechanismus für die »Parlamentsarmee« unangetastet. Einen Zangenangriff auf das Haushaltsrecht verhindert dies aber nicht. Im Wissenschaftlichen Beirat des von Robert Habeck (Grüne) regierten Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz tauchte dazu der neue Begriff »Parlamentsschleife« auf.

Die knapp 40 Mitglieder des Gremiums aus verschiedensten Disziplinen haben sich zuletzt in einem Gutachten mit Grundsätzen der Rüstungspolitik sowie mit speziellen Belangen des Sondervermögens beschäftigt. Auf zwei Dutzend Seiten schlagen sie zehn gesetzliche und organisatorische Maßnahmen zur Verbesserung und Beschleunigung des Rüstungsprozesses vor.

Dabei steht die Abschaffung der 25-Mio-Vorlagen an erster Stelle. Argumentiert wird gegen eine angebliche »Vermischung von Legislative und Exekutive«. In einer parlamentarischen Demokratie verdanke die Regierung ihr Amt zwar dem Parlament und, vermittelt durch das Parlament, dem Volk. »Doch wenn die Regierung einmal gewählt ist, dann ist sie nicht der verlängerte Arm des Parlaments. Damit das Land handlungsfähig ist, braucht es eine Regierung, die entscheiden kann.«

Zugleich wird den Abgeordneten »die sachliche Kompetenz« abgesprochen, »einzelne Beschaffungsvorgänge im Detail zu beurteilen«. Weiter steht dort: »Einzelne Mitglieder des Ausschusses können ihre Zustimmung von Bedingungen abhängig machen, die im Interesse ihres Wahlkreises liegen oder ihren politischen Präferenzen entsprechen.«

Interessant ist auch die zusätzliche Funktion, die Habecks Ratgeber dem Bundeswehr-Sondervermögen zuteilen wollen. Dieses solle »genutzt werden, um mit Vereinfachungen des öffentlichen Vergabeprozesses zu experimentieren«. Bewähre sich die »Reduktion von Komplexität«, solle dies auf alle öffentlichen Beschaffungsprozesse übertragen werden.

Rüstung, so behaupten die Professoren, war seit alters her »ein Motor für Innovation«. Die diene häufig »dem ganzen Wirtschaftsstandort«. Mit dieser zweifelhaften These ist man dem grünen Wirtschaftsminister ganz nah, der Deutschland nicht nur auf dem Gebiet der Wärmepumpen ganz nach vorne bringen will.

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