Hochschulverträge: Ein kräftiger Schluck aus der Pulle

Uni-Zuschüsse sollen künftig jährlich um fünf Prozent steigen

Kleiner Geldsegen für die Berliner Hochschulen: Künftig werden die Zuschüsse aus dem Landeshaushalt für die Universitäten jährlich um fünf Prozent ansteigen. Das ist das Ergebnis der Vertragsverhandlungen zwischen Hochschulen und Senat. Die ausgearbeiteten Verträge müssen allerdings noch vom Abgeordnetenhaus bestätigt werden. Zunächst hatte der »Tagesspiegel« über den Vertragsabschluss berichtet.

Mit den Hochschulverträgen wird geregelt, welche Aufgaben die Hochschulen übernehmen sollen – und wie viel Finanzierung sie erhalten, um diese Aufgaben eigenständig zu erfüllen. Bislang belaufen sich die Zuschüsse auf insgesamt etwa 1,6 Milliarden jährlich. Mit der sogenannten Dynamisierung, mit der das Budget jedes Jahr um einen Prozentsatz steigt, könnten die Unis also nach zwei Jahren bereits mehr als 100 Millionen Euro im Jahr zusätzlich erhalten.

Angesichts der schwierigen Haushaltslage ist das nicht selbstverständlich. Die Dynamisierung war allerdings bereits im Koalitionsvertrag angekündigt, insofern überrascht es nicht, dass sich die Unis hier durchsetzen konnten. Komplexer ist die Lage bei separat finanzierten Zusatzaufgaben. Im Vorfeld war vor allem der Bereich Lehrkräftebildung kontrovers diskutiert worden.

Die Berliner Unis bilden chronisch zu wenig Lehramtsabsolventen aus: Nötig wären nach Berechnungen der Senatsverwaltung eigentlich mindestens 2500 Absolventen, um in Pension gehende Lehrkräfte zu ersetzen. Real gab es in den letzten Jahren aber konstant weniger als 1000 Studienabgänger im Jahr.

Auch hier können sich die Universitäten über mehr Planungssicherheit freuen: Mittels sogenannter Verpflichtungsermächtigungen werden die Universitäten einen Grundbetrag von fünf Millionen Euro erhalten, der anschließend jährlich wachsen soll. Wie viele Lehrämtler sie dafür ausbilden müssen, ist noch nicht bekannt, vieles spricht aber dafür, dass es am Ende 2500 sein werden.

Günter M. Ziegler, Präsident der Freien Universität, zeigte sich zufrieden. »Die Berliner Hochschulen blicken auf ein gutes Ergebnis«, sagte er laut Pressemitteilung. Auf Basis der Vereinbarung könnten sich die Hochschulen gut weiterentwickeln.

Andere sind da weniger optimistisch. »Nach den Rechnungen, die ich habe, ist der Aufwuchs zu klein«, sagt Tobias Schulze, wissenschaftspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus. Mit den zusätzlichen Mitteln könne gerade mal die Inflation ausgeglichen werden. Zusätzliche Investitionen seien so aber nicht möglich, im schlimmsten Fall müsste sogar die Zahl der Studierenden sinken. Er fordert, dass statt eines fixen Aufwuchses ein flexibler Inflationsausgleich plus eine Mittelsteigerung von 1,5 Prozent gezahlt wird.

Besondere Sorge bereitet Schulze der Sanierungsstau an den Hochschulen. Zahlreiche Gebäude der Universitäten sind marode, insgesamt bewegt sich der Sanierungsbedarf im Milliardenbereich. »Es ist noch unklar, wie das abgebaut werden soll«, so der Wissenschaftspolitiker. »Angesichts der Finanzlage ist klar, dass das nicht auf einen Schlag gelöst werden kann, aber es braucht einen langfristigen Plan.« Eventuell könnten die Hochschulen Geld aus dem Sondervermögen Klima für Sanierungsarbeiten nutzen. In jedem Fall müsse aber verhindert werden, dass die Unis Gebäude verkaufen oder mit Hypotheken belasten müssen.

Offene Fragen gibt es auch bei der Entfristung wissenschaftlicher Mitarbeiter. Der Senat hatte zuletzt eine Regelung aus dem Hochschulgesetz ausgesetzt, die viele Postdoktoranden auf Dauerstellen gebracht hätte. In den Hochschulverträgen soll nun festgeschrieben werden, dass bis 2027 40 Prozent der aus dem Grundhaushalt der Hochschulen finanzierten Postdocs Dauerstellen erhalten sollen. Für Beschäftigte, die aus Drittmitteln finanziert werden, würde das nicht gelten. »Das ist kein großer Fortschritt«, sagt Schulze. Die Abmachung bleibe so hinter den Vorgaben des Hochschulgesetzes.

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