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Simone Biles ist viel mehr als nur Turn-Ikone

Nach Missbrauch und Problemen mit mentaler Gesundheit will US-Star Simone Biles bei der WM endlich für sich selbst turnen

Simone Biles ist erst 26 Jahre jung. Das gerät schnell in Vergessenheit, wenn man über ihr Leben spricht. Zu viel hat die nur 1,42 Meter kleine US-Amerikanerin aus Columbus schon erlebt: viele Hochs, aber auch viele Tiefpunkte. An diesem Sonntag feiert die beste Turnerin der Welt in Antwerpen schon ihr zweites Comeback. Ganz nebenbei will sie bei den Weltmeisterschaften das schwierigste Element turnen, das eine Frau jemals auf die Matte zauberte.

Gelingt ihr die Kombination aus Radwende mit Doppelsalto rückwärts, steht diese als »Biles II« in den Wertungsbüchern. Es wäre schon das zweite Element, das sie als erste Turnerin bei einem Championat vorführt. Doch diese Leistung würde ebenso verblassen wie die sieben Olympiamedaillen, vier davon in Gold, oder ihre unerreichten 19 WM-Titel. Denn Biles ist zur Ikone im Kampf gegen sexuellen Missbrauch und für größere Rücksicht auf die mentale Gesundheit im Spitzensport geworden.

Wie viele ihrer Teamkolleginnen wurde Biles vom langjährigen Arzt des US-Nationalteams missbraucht. Nach Jahren machte sie ihr Martyrium öffentlich und sorgte so mit dafür, dass der Täter zu 175 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. 2021 kam sie zu Olympia zurück, holte in Tokio Bronze, brach danach aber die Spiele ab, weil sie Ängste und zu großen Druck von der Außenwelt verspürte: »Ich fühle mich, als läge das Gewicht der Welt auf mir. Was ich liebe, ist mir genommen worden, um anderen Menschen zu gefallen. Ich muss jetzt an meine mentale Gesundheit denken«, begründete sie den Schritt, der an der Fortsetzung ihrer Karriere zweifeln ließ.

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Seitdem geht Biles mit dem Tabuthema offensiv um und öffnet damit Türen. »Ich muss noch heilen«, sagte sie kürzlich. »Ich mache viel Psychotherapie, jede Woche zwei Stunden, denn ich litt unter so vielen Traumata. Endlich an der Heilung zu arbeiten, ist ein Segen für mich.« Dass sie zeigt, dass es Hilfe gibt, ist ein Segen für Millionen andere. Bleibt zu hoffen, dass sie nun jeglichen äußeren Erwartungsdruck in Antwerpen ablegen kann – und endlich wieder für sich selbst turnen kann.

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