EU-Gipfel in Granada: Lockruf der Werte

Peter Steiniger zu den Versprechungen einer neuen EU-Erweiterung

Eine erneute Erweiterung gen Osten und mehr Zentralismus auf politischer Ebene für diese vergrößerte Europäische Union wurden im spanischen Granada diskutiert. Auf den als Signal der Einheit gegen Russland gedachten Gipfel der losen Europäischen Politischen Gemeinschaft folgte dort am Freitag noch ein informeller EU-Gipfel der anwesenden Staats- und Regierungschefs der 27 aktuellen Mitglieder. Der Belgier Charles Michel, als EU-Ratspräsident Versammlungsleiter, hat für die Verwirklichung des an sich hochkomplexen Projekts das nahe Jahr 2030 als Ziel ausgerufen.

Den sechs unter der EU-Messlatte gebliebenen Staaten auf dem Westbalkan suggeriert die Erweiterungsdebatte, dass sie weiter an ihre Chance glauben dürfen. Nur noch auf dem Papier ist auch die Türkei als Beitrittskandidat seit 2005 Anwärter. Ankara verfolgt längst seine eigene imperiale Agenda. In die Priority Line für die Eröffnung von Beitrittsverhandlungen kommen Moldau sowie die von Russland angegriffene Ukraine. Diese angesichts des Fehlens jeglicher Bemühungen aus Brüssel um eine Friedenslösung wie aus Kostengründen realitätsfern wirkende Vorstellung demonstriert, dass es der EU um einen geostrategischen Wettlauf geht.

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Eine Express-Erweiterung der bereits von inneren Widersprüchen geplagten Union wäre nur umsetzbar, wenn demokratische Prozesse ganz auf eine Farce reduziert würden. Ein solcher Superstaat bekäme rasch Risse. Die Standards für einen EU-Beitritt müssten drastisch gesenkt werden. Und gerade die Ukraine war schon zu Friedenszeiten wegen Korruption, der Diskriminierung und Gewalt gegen russischsprachige Bürger, der Unterdrückung von Parteien und Medien Lichtjahre von EU-Normen entfernt. Nun lässt die Armee dort niemanden entrinnen. Die EU belohnt Kiew symbolisch mit einer Vorzugsbehandlung.

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