Linke im Bundestag: Da waren es nur noch 38

Der Linke-Bundesabgeordnete Thomas Lutze wechselte zur SPD

Es gibt Probleme, die sich von selbst erledigen – aber nicht unbedingt zum Besseren hin. Beispielsweise sucht die Linke-Bundestagsfraktion seit Längerem eine neue Fraktionsspitze. Aber vielleicht kann sie sich das bald sparen, weil der Fraktionsstatus entfällt, wenn ein paar Abgeordnete abspringen.

Den Anfang macht Thomas Lutze. Der Zwei-Meter-Mann aus dem Saarland ließ am Sonntag, während der Wahlen in Hessen und Bayern, zunächst verlauten, dass er nach den Wahlen zur SPD wechseln werde. Stunden später hieß es, er vollziehe den Schritt schon am Sonntag. Seine Begründung ist beinahe originell: Er habe länger darüber nachgedacht, war zu lesen, da aber angesichts von Sahra Wagenknechts Abspaltungsplänen mehrere Fraktionsaustritte drohen, wolle er nicht derjenige sein, der Die Linke um den Fraktionsstatus bringt. Die Fraktion hatte bisher 39 Mitglieder; mindestens 37 müssen es für eine Fraktion sein.

Mit Lutze geht jemand, den man ein PDS- und Linke-Urgestein nennen kann. Der 54-Jährige wuchs in Leipzig auf, studierte ab 1991 in Saarbrücken Konstruktions- und Fertigungstechnik, blieb dort und war seit Mitte der 90er in der PDS aktiv. Seit 2009 im Bundestag und lange Zeit auch in wichtigen Funktionen des Linke-Landesverbands, wurde er zum Gegenspieler von Oskar Lafontaine in einem zähen Machtkampf, der von Betrugs- und Verleumdungsvorwürfen geprägt war. Lutze dominierte den Landesvorstand, Lafontaine die Fraktion. Lafontaine verließ Die Linke 2002 unmittelbar vor der Saar-Wahl; Lutze tat es ihm nun nach – an einem Wahltag. Die Saar-SPD wollte den Problemfall Lutze nicht haben; Sozialdemokrat ist er nun trotzdem.

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Den Abgang des zweiten Protagonisten der Saar-Linken bezeichnete der Bundesvorsitzende Martin Schirdewan als Chance zur Erneuerung. Aber das ist die alleroptimistischste Option.

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