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Nahost-Konflikt an Berliner Schulen: Frontenlogik statt Pädagogik

Experten kritisieren, dass Berliner Schulen propalästinensische Symbole verbieten dürfen

  • Nora Noll
  • Lesedauer: 3 Min.

Wenn Schüler*innen im Klassenzimmer einen »Free Palestine«-Anstecker tragen oder sich auf dem Pausenhof eine Kufiya, auch als Palästinenser-Tuch bekannt, umhängen, müssen sie mit Problemen rechnen: Berliner Schulen dürfen propalästinensische Symbole verbieten. Das teilte die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie am Freitag den Bildungseinrichtungen in einem Rundschreiben mit. Expert*innen schlagen Alarm: Solche Verbote könnten Konflikte befeuern und antimuslimischem Rassismus Raum geben.

Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) stellte am Freitag klar, dass Schulen Symbole, Äußerungen und Handlungen verbieten dürfen, wenn diese als Befürwortung oder Billigung der Angriffe auf Israel oder als Unterstützung der Hamas gewertet werden können. Dabei gehe es auch um »Symbole, Gesten und Meinungsäußerungen, die die Grenze zur Strafbarkeit noch nicht erreichen«. So solle der Schulfrieden gewahrt werden.

Olenka Bordo Benavides berät als Pädagogin und Sozialwissenschaftlerin unter anderem Berliner Schüler*innen, die an ihrer Schule Diskriminierung erleben, und ihre Eltern. In den vergangenen Wochen hätten sich jüdisch-israelische Kinder wie auch Kinder mit palästinensischem Hintergrund an sie und andere Berater*innen gewandt, sagt sie. »Es geht hauptsächlich um Angst und Sorgen um die Sicherheit der Kinder und Jugendlichen im Schulkontext, sowohl was Antisemitismus als auch was antimuslimischen Rassismus betrifft.«

Fachkräfte an Schulen seien derzeit von dem Umgang mit der Nahost-Thematik im Klassenzimmer überfordert. »Gleichzeitig merken wir aus der Beratungsperspektive, dass hier eine erheblich Leerstelle besteht. Dabei ist das kein neuer Konflikt, wo es nicht zum ersten Mal einen angemessenen, pädagogischen Rahmen bräuchte.«

Verbote gehörten nicht zu sinnvollen pädagogischen Maßnahmen. Wenn Kinder und Jugendliche permanent von einer Einteilung in Gut und Böse hörten, würden manche ihre Wut und Trauer etwa um betroffene Angehörige über das Zuschaustellen ihrer Gruppenzugehörigkeit ausdrücken. »Die pädagogische Antwort kann doch nicht sein, mit pauschalen Verboten und Ordnungsmaßnahmen zu reagieren oder die Polizei zu rufen. Diese Gefühle brauchen einen Raum.« Fachkräfte könnten etwa eine Diskussion einleiten mit dem Hinweis, dass es sich um ein sehr komplexes und mit Emotionen behaftetes Thema handelt, und Umgangsregeln aufstellen. Auch psychosoziale Beratung für den Umgang mit Trauer sei notwendig. Und die Medienkompetenz von Schüler*innen müsse geschult werden, um Fake News und Propaganda zu entlarven. »Das ist natürlich eine Frage der Ressourcen und leider allzu oft des Fehlens einer klaren, machtkritischen Haltung«, gibt die Pädagogin zu.

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Bordo Benavides befürchtet durch das Schreiben eine Eskalation des Konfliktes an Schulen. Schüler*innen würden so unter Druck gesetzt, sich für eine Seite zu entscheiden. »Dann wird es sehr schwierig, den Schulfrieden aufrechtzuerhalten.«

Kritik kommt auch von der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus. »Als ich gelesen habe, dass Schulen das Tragen von Palästinensertüchern untersagen können, habe ich gedacht: Das wird ganz klar nach hinten losgehen«, sagte Dervis Hizarci, Vorsitzender der Initiative, der dpa. Das sei wie eine Einladung zur Provokation. »Wird Antisemitismus bekämpft, wenn ich sage: ›Tragt keine Palästinensertücher‹?« Sein Anliegen sei, einseitige, problematische, gefährliche Einstellungen und Denkweisen bei Menschen zu ändern. »Wo hat man gesehen, dass man das durch solche Sanktionen hinbekommt?« mit dpa

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