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Die Linke und Migration: Wagenknechts Abgang kann helfen
Sahra Wagenknechts Ausstieg aus der Linken könnte der Partei helfen, sich klarer in Migrations- und Klimafragen zu positionieren
Nach den verlorenen Wahlen in Hessen und Bayern und der Abspaltung des BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht) steht Die Linke als politische Kraft in ganz Deutschland vor dem Aus. Über dieses drohende Ende ist schon sehr viel geschrieben und noch mehr geredet worden. Sicher gibt es nicht einen, sondern viele Gründe, warum nur noch wenige Menschen sich bei Wahlen für Die Linke entscheiden. Der wohl wichtigste Grund war der seit vielen Monaten andauernde Richtungsstreit zwischen Sahra Wagenknecht und ihren Anhänger*innen auf der einen, und der Parteiführung um Janine Wissler und Martin Schirdewan auf der anderen Seite.
Der Wahlausgang in Hessen und Bayern zeigt aber, dass die Krise der Linken zwar eigene Gründe hat, dass sie aber eingebettet ist in eine weitaus größere Krise, die das ganze progressive Lager in Deutschland erfasst hat. Auch in anderen europäischen Ländern sind Sozialisten, Sozialdemokraten und Grüne in der Defensive. Nirgendwo anders als in Frankreich wird diese Krise offensichtlicher, wo angesichts der Schwäche der Linken die neue bürgerliche Rechte um Emmanuel Macron und der rechtsextreme Front National/Rassemblement National die politische Bühne bestimmen.
Die eigentliche Achillesferse der progressiven Kräfte ist aber das Unvermögen, die europäischen Gesellschaften davon zu überzeugen, dass die Migrant*innen einen enormen wirtschaftlichen Gewinn für Europa bedeuten. Unter dem Druck der »das-Boot-ist-voll«-Argumentation von CDU/CSU, FDP und AfD, die Migration als wirtschaftliche und kulturelle Belastung erzählen, trauen sich Grüne und Sozialdemokraten auf Marktplätzen und in Talkshows nur noch selten, auf die Vorteile und Notwendigkeiten der Migration hinzuweisen. Politiker*innen der Linken tun dies öfters, doch lange auf verlorenen Posten, weil Sahra Wagenknecht als mit Abstand bekanntestes Gesicht der Linken ganz anders sprach. Ihr Abgang kann nun helfen, klarer zu kommunizieren.
Armin Osmanovic ist seit 2020 Büroleiter der RLS für Nordafrika.
Niemand traut sich in der aufgeheizten Migrationsdiskussion, in der man, wenn man bei der Frage nach weiterer Begrenzung wie die Grünen etwas zögert, vom eigenen Koalitionspartner FDP zum Sicherheitsrisiko erklärt wird, auf den Umstand hinzuweisen, dass mit der Erderwärmung ein Drittel des Planeten in den nächsten siebzig Jahren wohl unbewohnbar wird.
Der Wegfall riesiger Siedlungsgebiete entlang des Äquators wird, wenn man nicht jetzt anfängt, für diese Entwicklung zu planen, zu immensen Konflikten führen. Statt mit Ländern in Nordafrika und anderswo über Migrationsabkommen zu verhandeln, die das Ziel haben, die Zuwanderung nach Europa zu unterbinden, muss man mit den afrikanischen Ländern, wo die Sahelzone wohl weitgehend unbewohnbar wird, über große Umsiedlungspläne reden. Was sicher mehr und nicht weniger Zuzug von Menschen nach Europa bedeuten wird.
Auch in der anderen zentralen Frage unserer Zeit, dem Klimaschutz fehlt es den progressiven Kräften an einer eigenen starken Erzählung. Im Falle der Migration zahlen viele Menschen bei ihrer gefährlichen Reise durch die Sahara und über das Mittelmeer dafür mit dem Leben. Im Falle des Klimaschutzes sind wir alle die Leidtragenden.
Wie in der Migrationsfrage war Die Linke auch im Klimaschutz bislang gespalten. Für Wagenknecht und ihre Anhänger*innen galt Klimaschutz als Aktivist*innenklimbim und Lifestyleprojekt. Wagenknecht tat immer so, als ob es ausreichen würde, nur den Superreichen ihre Privatjets zu nehmen. Strenger Klimaschutz kommt um die Einschränkung des privaten Pkw-Verkehrs genauso wenig herum wie um den Fleischkonsum und die Flugreisen.
Wagenknecht verkauft ihr Eintreten für russisches Gas und Verbrennerautos als klimapolitische Vernunft. Eine Art der Vernunft, die so tut, als ob Klimaschutz irgendwie immer noch Zeit hätte.
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