EU: Persilschein für Kiew

Uwe Sattler zur EU-Beitrittsperspektive der Ukraine

EU-Beitritt der Ukraine: EU: Persilschein für Kiew

Für Überraschungen war Brüssel nie besonders gut. Schon gar nicht in Sachen Ukraine. Spätestens seit dem überschwänglichen Lob der EU-Kommissionspräsidentin am Wochenende in Kiew für die »Reformbemühungen« der Selenskyj-Regierung dürfte klar gewesen sein, was die Von-der-Leyen-Kommission in Sachen EU-Perspektive der Ukraine empfiehlt: Beitrittsverhandlungen, hieß es am Mittwoch aus der EU-Zentrale.

Wohlgemerkt: Ursula von der Leyen feierte die Anstrengungen Kiews, nicht die Erfüllung der sogenannten Kopenhagener Kriterien, die die EU vor einen Beitritt gesetzt hat – staatliche und wirtschaftliche Stabilität, Bereitschaft zur Übernahme der Regeln und Werte der EU, Demokratie und Einhaltung von Grundrechten. Um all dies war es schon vor dem russischen Überfall schlecht bestellt. Und dass es unter Bombenhagel und Kriegszustand besser geworden ist, darf bezweifelt werden. Nur: Das offenbar aus politischen Gründen geschönte Zeugnis zum Vorrücken in der Warteschlange auf einen EU-Beiritt wird weder der Ukraine helfen noch die EU stärken, an deren Geldhahn Kiew hängt.

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Zumal nicht alle EU-Regierungen von der Leyens Euphorie teilen. Der Premier der Slowakei hat bereits getönt, die Ukraine sei bis in die höchsten politischen und wirtschaftlichen Ebenen korrupt. Aus Warschau, Prag oder Budapest kommen zwar nicht so markige Worte, aber nicht weniger Vorbehalte.
Kaum, weil sie sich an die harten Anpassungsprozesse, die ihre Länder für die Erreichung der Kopenhagen-Kriterien durchmachen mussten, erinnern.

Wohl eher, weil die Ukraine mit einer EU-Mitgliedschaft Fördermittelempfänger würde – und das Stückchen vom Gemeinschaftskuchen, das die Mittel-Osteuropäer trotz ihres permanenten Verstoßes gegen europäische Werte erhalten, deutlich schmälert. Vielleicht gibt es bei der Entscheidung der Regierungschef*innen über Kiews EU-Beitritt im Dezember doch eine Überraschung.

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