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Berliner BVG-Chaos: Keine Besserung in Sicht
Die gegenwärtigen Probleme beim Landesverkehrsunternehmen dürften auch 2024 anhalten
Ein mittlerweile – selbst im Berufsverkehr – gewohnter Blick auf die Anzeigetafel am Berliner U-Bahngleis: Ist die Wartezeit ein- oder zweistellig? In Erwartung, dass irgendwas sein könnte – Zugausfälle, Verspätungen, Bus voll – plant man mit einer oder zwei Verbindungen früher als gewohnt.
Die Berliner Vehrkersbetriebe (BVG) selbst hatten die Lage, in der der außerplanmäßige Takt zur Regel zu werden scheint, mit hohen Krankenständen und einer strukturellen Personalunterdeckung erklärt. Das gilt insbesondere für den seit Anfang Dezember per Ausnahmfahrplan geregelten Busverkehr. Darüberhinaus kommt es vermehrt zu Kabeldiebstählen und es fehlen Schienenfahrzeuge.
Zu den Einschränkungen im Busverkehr sagte Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) der »Berliner Zeitung« jüngst: »Die BVG bemüht sich, aber wir dürfen uns keinen Illusionen hingeben, dass sich die Lage kurzfristig bessert.« Eine Normalisierung des Betriebs erwarte sie für Ende 2024. In der Konsequenz habe das Land Berlin »den Abschlag bereits um rund 8,9 Millionen Euro gekürzt«, sagte Schreiner.
Der Personalrat der BVG erklärt die Lage auch mit Missmanagement. Der Konzern habe in der Vergangenheit Leistungen in Tochtergesellschaften ausgelagert, die jetzt nicht mehr wie gewünscht liefern würden, sagte der Vorsitzende Lothar Stephan Mitte Dezember dem RBB. Die Geschäftsführung müsse dafür sorgen, dass die Arbeiten wieder im Stammunternehmen angesiedelt würden.
Bei der BVG arbeiten 16 000 Menschen. Bis 2027 müssen nach Unternehmensangaben 10 000 Stellen neu besetzt werden, um Renteneintritte, gewöhnliche Fluktuation auszugleichen und das Angebot wie geplant ausbauen zu können. Anfang 2024 stehen der BVG Tarifverhandlungen ins Haus. »Da müssen wir zusehen, dass wir den Tarifvertrag so attraktiv gestalten, dass die Mitarbeiter im Unternhemen bleiben, aber auch dass neue Mitarbeiter dazustoßen«, sagte Stephan. Die Beschäftigten bräuchten Entlastung, mehr Urlaub, kürzere Dienste, längere Pausen und längere Ruhezeiten zwischen den Diensten.
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Der Personalrat verwies zudem auf verkehrspolitische Probleme in Berlin. Viel zu oft würden Busse zwischen anderen Verkehrsteilnehmer*innen feststecken. Dagegen gelte es, den Vorrang an Ampeln und das Busspurnetz auszubauen. 2023 sei jedoch keine einzige neue Busspur ausgewiesen worden, teilte die Verkehrsverwaltung unter Verweis auf die Schwierigkeiten bei der rechtsgültigen Umsetzung mit. Eine Novelle der Straßenverkehrsordnung scheiterte am Bundesrat.
Doch es gibt Gewissheiten, an denen sich die Fahrgäste schonmal festhalten können. Mit Beginn des neuen Jahres kommt das wirtschaftlich wie sozial umstrittene 29-Euro-Ticket. Und: Die Ticketpreise steigen. Statt bisher 3,20 Euro, kostet ein Einzelfahrausweis AB beispielsweise dann 3,50 Euro.
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