Im Grunde belastet

Der Zustand der hiesigen Böden ist schlecht – auch durch die landwirtschaftliche Nutzung

  • Leonie Vogelsang
  • Lesedauer: 5 Min.
Übermäßiger Einsatz von Pestiziden, Bodenverdichtung durch schwere Maschinen und der Anbau von Monokulturen machen den Böden zu schaffen.
Übermäßiger Einsatz von Pestiziden, Bodenverdichtung durch schwere Maschinen und der Anbau von Monokulturen machen den Böden zu schaffen.

Mehr Bodenschutz – das heißt auch mehr Umweltauflagen und Gesetze für die Landwirtschaft. Ob das angesichts der aktuellen Proteste der Bäuerinnen und Bauern durchzusetzen ist? Ja, sagt Olaf Bandt, Vorsitzender des größten deutschen Umweltverbandes BUND.

Denn woran es in der Landwirtschaft vor allem fehle, seien langfristige Perspektiven. Diese müsse man den Landwirt*innen geben, damit sie sicher planen und sich auf Förderbedingungen verlassen können. Und sie brauchen einen Markt, der ihnen ihre Produkte abnimmt. Dabei müsse auch der Schutz von Böden als Ökosystemdienstleister angemessen honoriert werden.

Denn Böden sind nicht nur »der Dreck, auf dem wir laufen«, so lautet der Tenor der neuesten Ausgabe des Bodenatlas. Der wird von der Heinrich-Böll-Stiftung zusammen mit dem BUND und dem Nachhaltigkeits-Thinktank TMG von Klaus Töpfer herausgegeben.

Daraus geht hervor: Gesunde Böden sind nicht nur unsere Nahrungsgrundlage, sie schützen auch das Klima und die Biodiversität, indem sie CO2 speichern und Lebensraum für eine große Zahl an Arten sind. Böden sind das artenreichste Ökosystem der Erde, sagt Olaf Bandt zur Veröffentlichung des Bodenatlas. »Unter einem Hektar Land leben 15 Tonnen Bodenlebewesen. Das entspricht dem Gewicht von 20 Kühen.«

Gesunde Böden bestehen aus Mineralien, Wasser, Bodenlebewesen – und einer Humusschicht. Das ist abgestorbenes organisches Material, zum Beispiel tote Pflanzenreste. Die kann helfen, die Auswirkungen des Klimawandels wie Dürren und Überschwemmungen abzupuffern. Denn ein Boden mit normalem Humusgehalt funktioniert wie ein Schwamm: Er kann Wasser aufnehmen und bei Trockenheit wieder abgeben. Gleichzeitig reinigen Böden das Grundwasser.

Übernutzte Böden können allerdings auch selbst zum Klimawandel beitragen. Ein extremes Beispiel sind trockengelegte Moore, die große Mengen CO2 emittieren.

Geht es um den Schutz der Böden, spielt die Landwirtschaft eine große Rolle. In Deutschland wird etwa die Hälfte aller Flächen landwirtschaftlich genutzt. Weltweit sind über ein Drittel derart genutzter Böden bereits degradiert, sagt Imme Scholz, Ko-Vorsitzende der Heinrich-Böll-Stiftung. Bodendegradation bezeichnet den Verlust der Ökosystemdienstleistungen des Bodens. Das kann sowohl auf natürlichem Wege als auch durch Bewirtschaftung passieren.

Eine Degradierung von Böden kann zur Versteppung und Wüstenbildung führen. Das sei nicht nur ein Problem in Afrika und Asien, sondern auch in Europa. »Selbst Länder mit gemäßigtem und feuchtem Klima wie Ungarn und Bulgarien sind betroffen«, heißt es im Bodenatlas. Auch in Deutschland ist etwa ein Drittel der landwirtschaftlich genutzten Böden degradiert.

Viele Probleme führen zur Bodenverschlechterung: übermäßiger Einsatz von Pestiziden, Bodenverdichtung durch schwere Maschinen, Anbau von Monokulturen. »In der landwirtschaftlichen Nutzung von Böden läuft etwas schief«, fasst Imme Scholz die Probleme zusammen.

Olaf Bandt nennt mögliche Lösungen: Eine kleinflächigere Strukturierung der Landwirtschaft kann die Winderosion mindern. Dafür könnten Hecken zwischen den Feldern angelegt werden.

Aber auch die Reduktion des Dünger- und Pestizideinsatzes, der Anbau von Mischkulturen und Begleitpflanzen sowie ökologische Fruchtfolgen über das Jahr hinweg kommen dem Boden zugute.

Wenn etwa Hülsenfrüchte wie Erbsen, Ackerbohnen oder Luzerne im Verlauf des Jahres als Zwischenfrüchte angebaut werden, helfe das dem Boden. Sie können Stickstoff aus der Luft im Boden binden. Das ist ein wichtiger Nährstoff für Pflanzen und ein Hauptbestandteil von Düngemitteln.

»Wesentlich ist, dass die Böden durch die Landwirtschaft geschont werden, damit sie ihre Funktion als Ökosystemdienstleister erfüllen können«, betont Imme Scholz.

In der Regel bedeuten solche Maßnahmen, die den Boden schützen, geringere Erträge. Damit die Bäuerinnen und Bauern dabei nicht auf der Strecke bleiben, müsse sich die Agrarpolitik grundlegend ändern, sagt Bandt vom Bund. Die EU-Agrarsubventionen dürften nicht mehr pro Fläche vergeben werden, wie es bisher passiert. Darin seien sich nicht nur Umweltverbände und kritische Agrarverbände einig, sondern auch der Deutsche Bauernverband, der die konventionelle Landwirtschaft vertritt.

Stattdessen sollten die Gelder genutzt werden, um ökologische Leistungen zu honorieren und zu fördern, macht der BUND-Chef klar. Dazu gehöre auch der Schutz von Böden. Die Gelder müssten außerdem so eingesetzt werden, dass damit auch in Zukunft gewinnbringend gewirtschaftet werden kann. Neben den Subventionen brauche es zudem faire Preise für die Produkte, die die Herstellungskosten decken müssten.

Für den Schutz der Böden in Europa fordert er ein neues Bodenschutzgesetz. Darin müssten ökologische Vorsorgeziele festgehalten werden, sodass Schäden an Böden gar nicht erst auftreten. Das bisherige Gesetz befasst sich vor allem mit der Wiederherstellung von Böden, die verunreinigt sind, etwa durch Schwermetalle.

Erforderlich sei auch, dass sich die Politik bei allen Maßnahmen, ob im Baurecht, beim Straßenbau oder in der Landwirtschaft, mit der Frage auseinandersetzt, wie die Veränderungen in der Landschaft die Böden beeinflussen. Der Umweltschützer sieht dabei die diesjährige Novelle des Bodenschutzgesetzes in Deutschland als große Chance.

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