15.000 bei kurdischer Demonstration für Öcalan in Köln

Seit 25 Jahren sitzt der PKK-Mitgründer Abdullah Öcalan im Gefängnis. Kurdische Gruppen beklagen Stimmungsmache

Was am 15. Februar 1999 passierte, ist für linke Kurden ein »internationales Komplott«. Abdullah Öcalan, Mitgründer und Vordenker der in Deutschland seit 1993 verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) wurde in Nairobi aufgegriffen und vom türkischen Geheimdienst MIT in die Türkei verschleppt. Dem war eine monatelange Odyssee vorausgegangen, bei der Öcalan versucht hatte, Asyl zu bekommen. Das gelang ihm nicht. Kein Land wollte den »Terrorführer« aufnehmen. Kurdische Gruppen machen dafür neben der Türkei die USA verantwortlich. Sie hätten Druck auf zahlreiche Staaten ausgeübt. Öcalan sitzt seitdem im Gefängnis. Seit Jahren ist er der einzige Gefangene auf der Insel Imrali.

Wie es Öcalan dort geht, ist schwer zu sagen. Seine Anwälte können ihn seit vielen Jahren nicht besuchen. Das letzte Lebenszeichen Öcalans stammt aus dem Jahr 2021. Damals durfte er mit seinem Bruder Mehmed telefonieren.

Für viele Kurd*innen ist das nicht nur menschlich eine Tragödie. Sie denken auch, dass es ohne Öcalan keinen Frieden in der Region geben wird. Von seinem Konzept des »demokratischen Konföderalismus« versprechen sie sich radikale gesellschaftliche Veränderungen.

Deswegen gehen bis heute Menschen für Öcalans Freiheit auf die Straße. In Köln waren es am Samstag 15 000. Schon am Morgen versammelten sie sich an der Deutzer Werft mit Blick auf den Dom. Die Demonstration selbst verlief unspektakulär, oder wie es die Polizei in einer Pressemitteilung ausdrückt, »überwiegend auflagenkonform«. Drei Demoteilnehmer*innen mussten allerdings im Krankenhaus behandelt werden. Die stark ins Schwingen geratene Severinsbrücke war dafür verantwortlich. Verantwortlich dafür, dass es doch beinahe zu Zusammenstößen gekommen wäre, waren die BFE-Einheiten der Polizei. Sie postierten sich am Ende der Demostrecke und stürmten mehrmals in den Demozug, um einzelne Menschen festzunehmen. Ordner*innen der Demo sorgten für Deeskalation, indem sie Menschenketten bildeten und Teilnehmer*innen von der Polizei wegtrieben.

Für Ärger sorgte bei den Veranstalter*innen und vielen Demonstrant*innen, wie deutsche Medien mit dem Protest umgingen. In Überschriften war vorab von einer Demo für den »Terrorführer« geschrieben worden. Außerdem war in Berichten betont worden, dass die Polizei sich auf Auseinandersetzungen zwischen Kurd*innen und Türk*innen vorbereite und zahlreiche Straßen gesperrt werden müssten. Der Verband kurdischer Kulturvereine (KON-MED) kritisierte, dass die Demonstration als »gesellschaftlicher Störfaktor« dargestellt werde. Mit »Sensationslust« würden Begriffe wie der des »Terroranführers« genutzt. Hingegen versagten viele Medien in Deutschland, wenn es darum gehe, über Menschenrechtsverletzungen in der Türkei oder Verbrechen bei den türkischen Militäraktionen in Nord- und Ostsyrien zu berichten. Im Fall Öcalan vermissten die Demonstrant*innen kritische Berichte über dessen »unhaltbare Haftbedingungen«. In Deutschland lebten 1,3 Millionen Kurd*innen, es sei wichtig, dass ihre Anliegen auch hier in den Medien ernstgenommen würden.

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