• Sport
  • Fußball Champions League

SSC Neapel gegen FC Barcelona: Das Duell der Maradona-Klubs

Zirkus Europa: Die ehemaligen Herzensvereine des argentinischen Maestros messen sich im Achtelfinale der Champions League

  • Sven Goldmann
  • Lesedauer: 3 Min.
Diego Armando Maradona als bestaunter Neuzugang in Neapel 1984
Diego Armando Maradona als bestaunter Neuzugang in Neapel 1984

Beim letzten Mal war er noch dabei. Nicht persönlich, aber mit dem Herzen, wie eigentlich immer, wenn sein Herzensverein spielte. Auch wenn es in diesem Fall gegen seinen Herzensspieler ging, den einzigen, von dem er mal gesagt hatte: »Er ist besser, als ich es je war.« Also sprach Diego Armando Maradona: »Ich hoffe, dass Leo einen schlechten Tag hat. Und dass Napoli seine Fans glücklich macht.« Damals, als der SSC Neapel zum ersten Mal im großen europäischen Fußballzirkus auf den FC Barcelona traf, angeführt vom neuen Maradona namens Lionel Messi. Vor ziemlich genau vier Jahren, am 25. Februar 2020.

Am Mittwoch wiederholt sich die Geschichte. Wieder duellieren sich die ehemaligen Maradona-Klubs im Achtelfinale der Champions League, Neapel befindet sich im Ausnahmezustand. Nirgendwo war Maradona so glücklich wie in seiner Zeit unterm Vesuv. Und nirgendwo sonst wurde er so wahrhaftig und unkritisch geliebt. Der Maestro aus Buenos Aires schoss den Klub aus dem unterprivilegierten Süden Italiens zu zwei Meisterschaften und erfüllte den Mezzogiorno mit einem Stolz, wie es zuletzt Enrico Caruso mit seinen Arien gelungen war. Die Liebe der Neapolitaner war für Maradona der größtmögliche Kontrast zur kühlen Distanz in Barcelona, wo er sich vor dem Wechsel nach Italien zwei Jahre lang abgelehnt gefühlt hatte. Als Mensch war er in Katalonien nie glücklich geworden und als Sportler ohne nachhaltigen Erfolg geblieben.

nd.DieWoche – unser wöchentlicher Newsletter

Mit unserem wöchentlichen Newsletter nd.DieWoche schauen Sie auf die wichtigsten Themen der Woche und lesen die Highlights unserer Samstagsausgabe bereits am Freitag. Hier das kostenlose Abo holen.

Maradona hat nie in der Champions League gespielt. Es bleibt auf ewig ein Makel im Hochglanzprospekt des Fußballwettbewerbs, dass der beste Spieler aller Zeiten nie einen Fuß für ihn krumm gemacht hat. Als die UEFA 1992 ihre Gelddruckmaschine anwarf, war seine große Zeit längst vorbei. Ein gealterter Maradona drehte beim FC Sevilla eine letzte Runde in Europa, sie endete schon nach einem Jahr mit einem persönlichen Fiasko und sportlich weit jenseits der Plätze, die für eine Aufnahme in den großen Fußballzirkus infrage kamen.

Umso wichtiger war jenes Duell im Februar 2020, als sich der SSC Napoli und der FC Barcelona in der Runde der letzten 16 duellierten. Als Messi auf den Rasen kam, sangen Napolis-Fans: »O mamma, mamma, mamma, ho visto Maradona, eh, mamma, innamorato son.« Oh Mama, ich habe Maradona spielen sehen und ich bin verliebt! Messi hielt sich fortan vornehm zurück und reiste mit einem schmeichelhaften 1:1 zurück nach Barcelona.

Ho visto Maradona, Ho visto Maradona, Oh mama inamorato sono...

Das Rückspiel ließ ein halbes Jahr auf sich warten – Corona forderte Tribut. Messi schoss das zweite von drei Toren zum 3:1-Sieg und wurde doch nicht glücklich in jener seltsamen Saison, denn beim finalen Turnier in Lissabon ging Barça 2:8 gegen den FC Bayern München unter. Drei Monate später starb Maradona. Ganz Argentinien trug Trauer und fühlt sich erst wieder versöhnt mit der Fußballwelt, seit Messi die Nation im Dezember 2022 zum WM-Sieg in Katar führte. Im darauffolgenden Sommer gewann Napoli die erste Meisterschaft seit 33 Jahren. Das Stadion, in dem am Mittwoch der FC Barcelona gastiert, heißt längst Stadio Diego Armando Maradona.

Zirkus Europa

Früher schlicht Pokal der Landesmeister, heute Champions League: ein inszeniertes Spektakel und Gelddruckmaschine des Fußballs. Sven Goldmann blickt auf den kommenden Spieltag.

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal