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1. FC Union gegen Borussia Dortmund: Alles wieder ganz normal

Der große BVB siegt in Berlin, ist aber sehr viel weiter enfernt vom eigenen Anspruch

Großer Druck und gute Chancen: Union mit Benedict Hollerbach (2.v.r.) blieb gegen Dortmund dennoch torlos.
Großer Druck und gute Chancen: Union mit Benedict Hollerbach (2.v.r.) blieb gegen Dortmund dennoch torlos.

Die Köpenicker Fußballer vom 1. FC Union verlieren gegen die größte Borussia der Bundesliga aus Dortmund mit 0:2. Und die nach den Erfahrungen der Fanproteste in den vergangenen Wochen sehr kurze Spielunterbrechung kurz nach dem Anpfiff in der Alten Försterei war die Folge einer gelben Pyro-Show der Gästefans. Also alles wieder normal im deutschen Fußball. Der Trainer der Berliner, Nenad Bjelica, war dann am Sonnabend auch »zufrieden mit der Leistung« seiner Mannschaft.

Dortmunder Unzulänglichkeiten – gemessen an den eigenen Ansprüchen – zählen seit einiger Zeit zur Normalität. Deshalb soll Borussias Trainer Edin Terzic in Berlin, so war es zu lesen, vor einem »Endspiel« gestanden haben. Als gesichert gilt zumindest ein Ultimatum des Vereins von vier Spielen, in denen Terzic Ergebnisse liefern müsse. Denn der selbst erklärte Bayern-Jäger Nummer eins mit Titelambitionen droht als Vierter der Bundesliga die Qualifikation für die Champions League zu verspielen.

Sicherer sitzt Edin Terzic mit dem Sieg in Berlin nun bestimmt nicht auf dem Dortmunder Trainerstuhl. Seine Borussia hat zwar gewonnen, dies jedoch nur insofern verdient, weil sie vor dem Tor etwas effektiver war als umständlich spielende Unioner. Entschieden hatte diese Partie die individuelle Qualität von Karim Adeyemi: Mit einer Einzelaktion erzielte er in der 41. Minute das 1:0 – mit einem perfekt getroffenen Schuss aus 20 Metern unter die Latte des Berliner Tores. Bis dahin war so gut wie nichts von den Dortmundern zu sehen, auch danach blieb vieles Stückwerk.

Terzic ist keineswegs allein verantwortlich: Das mit millionenschweren aber teilweise arg überbewerteten Spielern wie Adeyemi, Emre Can, Niklas Süle, Julian Brandt oder auch Rückkehrer Jadon Sancho zusammengestelltes Team taugt nicht für die Spitze. Dort aber sieht sich der BVB. Dieses merkwürdige Selbstverständnis unterstrich Torwart Alexander Meyer nach dem Spiel gegen Union Berlin: »Wir sind verdient in Führung gegangen und haben dann auch verdient gewonnen.« Und bei den zuletzt schwächeren Auftritten sei Dortmund »in Schönheit gestorben«. Vielleicht wollte Meyer sein Team in harten Zeiten stark reden, zutreffend sind beide Aussagen jedoch nicht.

In Dortmund dachten sie, mit Terzic die ganz große Sehnsucht endlich stillen zu können. Als er im Mai 2022 präsentiert wurde, war er der siebente Trainer des BVB in sieben Jahren. Alle scheiterten auch am großen Schatten des Ideals: Jürgen Klopp hatte die Borussia zuvor in sieben Jahren neu erfunden. Der im 30 Kilometer entfernten Menden geborene Terzic schien mit seiner großen schwarz-gelben Leidenschaft zu passen. Das Wort »Malocher« durfte dann auch bei seiner Spielanalyse am Sonnabend in Berlin nicht fehlen.

Weil aber Worte keine Titel gewinnen, ist auch Terzic Teil des Dortmunder Problems. Mannschaftlich funktionierte die Borussia über weite Strecken des Spiels nicht wirklich gut. Sie geriet gegen Union immer wieder unter Druck, weil Leidenschaft für Abwehrarbeit keines ihrer Markenzeichen ist. Und die hochgelobte Offensive schaffte es nur äußerst selten, ihre Berliner Gegner zu beeindrucken. Terzic sah das anders, beispielsweise mit Blick auf das zweite Tor in der 90. Minute durch Ian Maatsen. Er verkaufte einen katastrophalen Fehler von Josip Juranovic, der als Unions letzter Mann den Ball verlor, als »gute Pressing-Aktion« seines Teams. Immerhin: Das geforderte Ergebnis hat er geliefert. Nun bleiben Terzic noch drei Spiele, um die Zweifel der Dortmunder Verantwortlichen zu zerstreuen – in der Bundesliga gegen Werder Bremen sowie Eintracht Frankfurt und dazwischen im Achtelfinalrückspiel der Champions League gegen PSV Eindhoven.

Und Union? In Berlin sind sie froh, mit Nenad Bjelica die Kurve bekommen zu haben. Der kroatische Trainer hat das Team defensiv stabilisieren können und vom letzten Tabellenplatz auf Rang 14 geführt – mit neun Punkten Vorsprung auf den ersten Abstiegsplatz. Die Einstellung stimmt auch, gegen Dortmund liefen die Unioner drei Kilometer mehr als der Gegner. Eben deshalb war der Trainer »mit der Art und Weise zufrieden«. Sorgen bereitet die Offensive, nur zwei Teams treffen das gegnerische Tor seltener. Gegen den BVB gab es genug Chancen, aber kein Tor. Bjelica vermisst die »Effizienz«, manch anderer eine offensive Alternative. Im Winter verkaufte Union Sheraldo Becker und Kevin Behrens, die Neuzugänge Yorbe Vertessen und Chirs Bedia spielen bislang kaum eine Rolle.

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