Bezahlkarte für Geflüchtete: Wegner will doch Diskriminierung

Berlins Regierender Bürgermeister plädiert für eine Bezahlkarte mit limitiertem Bargeld-Zugang für Geflüchtete

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) will Geflüchteten den Zugang zu Bargeld erheblich erschweren. Sie sollen nur noch eine monatlich begrenzte Summe mit der noch einzuführenden Bezahlkarte abheben können, sagte Wegner gegenüber dem »Tagesspiegel«. Er nannte keine Zahl, aber verwies auf Hamburg und Bayern, die ein Limit von 50 Euro planen. »Entscheidend ist für mich, dass wir keinen Flickenteppich bekommen.«

Wegner begründete seine Haltung mit dem Scheinargument, dass Geflüchtete die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in ihre Herkunftsländer schicken würden und das Geld unter Umständen bei »Schlepperorganisationen« lande. Für diese Behauptung gibt es keine belastbaren Beweise.

Damit stellt er sich gegen die SPD-Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe. Die hatte Berlins Teilnahme am länderübergreifenden Ausschreibungsverfahren für ein Bezahlkartensystem für Asylbewerber*innen nur unter der Bedingung zugestimmt, dass Bargeldabhebungen ohne diskriminierende Einschränkungen möglich bleiben sollten.

Der Landeschef widerspricht nicht nur seiner Koalitionspartnerin, sondern auch sich selbst. Am 1. Februar sagte er in der Plenarsitzung: »Ich glaube, dass es zwingend erforderlich ist, dass Menschen, die dann mit einer Bezahlkarte ausgestattet werden, selbstverständlich auch die Möglichkeit haben müssen, Bargeld abzuheben«, und ergänzte: »Ziel ist es im Kern, dass wir mit einer sogenannten Bezahlkarte stärker zu Effizienzsteigerungen kommen und insbesondere auch den Verwaltungsaufwand reduzieren.« Am 22. Februar beteuerte er: »Ich will, dass so eine Bezahlkarte übrigens auf gar keinen Fall diskriminierend wirkt.«

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»Die Kommunikation des Regierenden Bürgermeisters war sehr unehrlich«, ärgert sich Jian Omar, migrationspolitischer Sprecher der Grünenfraktion. Auch in Ausschüssen und gegenüber Hilfsorganisationen hätte Wegner immer wieder betont, dass die Karte nicht zu Diskriminierung führen solle. Eine Bargeld-Begrenzung sei aber genaus das: eine krasse Ungleichbehandlung von Geflüchteten.

So sieht das auch Elif Eralp von der Linksfraktion. »Das ist ein Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht von Geflüchteten und hat stigmatisierende Wirkung.« Sie erkennt in dem Ansinnen nur populistische Hetze: »Wenn jemand sich das Geld vom Mund abspart und einen Teil nach Hause schickt, dann ist das die Sache der Person.« Seit 2024 erhalten Asylbewerber*innen 204 Euro im Monat.

Und wie geht es mit dem Konflikt innerhalb der Koalition weiter? »Ich befürchte, dass die Sozialsenatorin vor dem Druck der CDU und des Regierenden Bürgermeisters einknicken wird«, sagt Eralp.

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