Prozess gegen Redakteur von Radio Dreyeckland in Karlsruhe

Gericht setzt wegen Unterstützung von »Linksunten« neun Termine an

Mit diesem Bild berichtete Fabian Kienert über die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Diese Vereinigung habe er durch seine Meldung aber unterstützt, meint die Staatsanwaltschaft.
Mit diesem Bild berichtete Fabian Kienert über die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Diese Vereinigung habe er durch seine Meldung aber unterstützt, meint die Staatsanwaltschaft.

Am 18. April soll vor dem Landgericht in Karlsruhe der Prozess gegen einen Redakteur des freien Radios Dreyeckland aus Freiburg beginnen. Fabian Kienert wird die Unterstützung von »Indymedia Linksunten« vorgeworfen. Die einst bei Linken beliebte Internetplattform mit Open-Posting-Prinzip hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) 2017 jedoch nach dem Vereinsrecht verboten.

Als strafbare Unterstützungshandlung gilt der Staatsanwaltschaft eine kurze Nachricht über die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens im Zusammenhang mit dem Verbot der von »Linksunten«. Diese Meldung hatte Kienert mit dem Bild eines Graffiti, seinem Namenskürzel und einem Link auf das Archiv von »Linksunten« auf der Webseite des Radios veröffentlicht. Im Januar 2023 ließ die Staatsanwaltschaft deshalb die Wohnungen des Redakteurs, des Geschäftsführers und auch die Redaktionsräume von Radio Dreyeckland durchsuchen.

»Ausgelöst wurden die Ermittlungen ursprünglich durch einen Freiburger Staatsschutzbeamten, der schon seit vielen Jahren durch seinen besonderen Ermittlungseifer gegen Linke auffällt und nun offenbar keine Grenzen mehr kennt«, sagt dazu Mehmet Güner vom Unterstützerkreis »Soliwelle Dreyeckland«.

Auch die Karlsruher Staatsanwaltschaft und das Amtsgericht hätten keine grundrechtlichen Grenzen beachtet, schreiben die Unterstützer auf ihrer Webseite. »Einzig das Karlsruher Landgericht schien auf die Pressefreiheit und die Verhältnismäßigkeit achtgeben zu wollen«, heißt es weiter. Tatsächlich hatte das Landgericht zunächst die Verfahrenseröffnung gegen Kienert abgelehnt, die erfolgten Durchsuchungen für rechtswidrig erklärt.

Nach einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft ließ das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart die Anklage allerdings doch zu und verwies den Fall zurück an das Landgericht. Dem für Staatsschutzsachen zuständigen Staatsanwalt Manuel Graulich reichte dieser Erfolg offenbar nicht: Mit der Begründung des OLG ging die Justiz mit weiteren Hausdurchsuchungen gegen fünf Personen in Freiburg vor. Diese sollen die inkriminierte Plattform, die Kienert mit seiner Meldung unterstützt haben soll, betrieben haben.

Gegen dieselben fünf Menschen ermittelten Staatsanwaltschaft und Polizei bereits seit 2017 im Zusammenhang mit dem Verbot der linken Internetplatform wegen Bildung einer krimineller Vereinigung. Dieses Verfahren wurde 2022 eingestellt – diese Einstellung war der Anlass für die Meldung von Kienert und führte schließlich zu den Razzien.

»Die Staatsschutz-Staatsanwaltschaft aus Karlsruhe und die Kammer des OLG Stuttgart wollen mit den Mitteln des Strafrechts entscheiden, wie die Berichterstattung über das Verbot einer linken Medienplattform auszusehen hat«, kommentiert dazu Mehmet Güner aus dem Unterstützerkreis. Das Strafverfahren gegen den Journalisten Kienert wie auch die erneuten Ermittlungen gegen die fünf Freiburger Linken seien klar politisch motiviert. »Das Ziel ist eine Einschränkung der Pressefreiheit für Linke, die Ausforschung linker Strukturen und ihre Einschüchterung«, so Güner.

»Die Anklage verkennt die Bedeutung der Pressefreiheit«, sagt auch Kienerts Anwältin Angela Furmaniak gegenüber »nd«. Angesichts der Beweislage ist die Strafrechtlerin aber zuversichtlich, dass das Verfahren mit einem Freispruch enden wird.

Zunächst muss das Gericht klären, ob das statische Archiv von »Linksunten« (hier als Kopie), auf das Kienert im Original verlinkt hatte, überhaupt als Fortführung der verbotenen Plattform gelten kann. Dafür will sich der Vorsitzende Richter Axel Heim Zeit nehmen: Bis zum 6. Juni sind in dem Strafverfahren insgesamt neun Verhandlungstage angesetzt.

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