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Pflegevorbehalt stärkt den Beruf
Seit 2020 gilt: Nur wer Pflege gelernt hat, darf bestimmte Aufgaben ausführen
In der Pflege gibt es häufig zu wenig Personal, und nicht selten sind die Beschäftigten überlastet. Andererseits tragen sie schon immer eine hohe Verantwortung für die Patienten. Mitunter gibt es auch Konflikte mit Vertretern anderer Professionen, wie zum Beispiel im folgenden Fall: In einem Krankenhaus erkennt eine Pflegefachkraft, dass sich die Wunde eines Patienten verändert hat. Sie erfasst die Veränderungen für die Unterlagen und zieht auch die Wundexpertin der Klinik mit zur Begutachtung heran. Letztere empfiehlt eine andere Art der Wundauflage, die Fachkraft informiert darüber den Oberarzt. Der lehnt das ab, er möchte bei der alten Auflage bleiben. Das wird von Expertin und Pflegekraft abgelehnt.
Vor 2020 wäre der Arzt vermutlich mit seiner Meinung durchgekommen, seitdem ist aber das Pflegeberufegesetz gültig. Darin ist erstmals auch der sogenannte Pflegevorbehalt geregelt. Das bedeutet: Immer wenn Pflegeprozesse durch Professionelle organisiert werden, muss dies von einer Fachkraft geleistet werden, die eine mindestens dreijährige Qualifikation durchlaufen hat. Wenn der erwähnte Arzt sich also durchsetzt, würde er damit auch gegen ein Gesetz verstoßen. Bis jetzt ist diese Regelung, die auch Ärzten bestimmte Zuständigkeiten entzieht, noch kaum bekannt – oder Krankenhäuser und Pflegedienste setzen die Vorgaben nicht um.
Aus diesem Grund wurde 2023 eine Studie zu den Vorbehaltsaufgaben der Pflege im Krankenhaus (Vapik-Studie) durchgeführt. Deren Ergebnisse stellte Frank Weidner am Dienstag in Berlin vor. Der gelernte Krankenpfleger und Gesundheitswissenschaflter ist Direktor des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung in Köln, zugleich Projektleiter und Erstautor der Studie. Angesichts der bisher fehlenden Umsetzung erschien eine einfache Umfrage unter Krankenhäusern oder Pflegedienstleistern wenig aussichtsreich. Mit Unterstützung des Verbandes der Katholischen Krankenhäuser wurden dann in einer Informationsveranstaltung mit Vertretern von 60 Kliniken insgesamt acht Häuser in das Projekt eingebunden.
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Die Beteiligten diskutierten eine ganze Reihe von Konstellationen, so auch den eingangs erläuterten Fall, um Konflikte in Sachen Pflegevorbehalt zu analysieren und am Ende zu systematisieren. Dabei ging es nicht nur um Konflikte mit Ärzten, Physiotherapeuten oder Vertretern anderer Berufe, sondern auch um jene unter Pflegebeschäftigten mit unterschiedlicher Qualifizierung. Laut Weidner gilt seit 2020 eine rote Linie: »Pflege darf nur, wer Pflege kann.« Der Ausschluss betrifft also auch Ärzte.
Ein weiteres Problemfeld betrifft die Kooperation von Krankenhäusern untereinander, aber auch mit anderen Einrichtungen (etwa Pflegeheimen) oder niedergelassenen Ärzten. Ein ganz simples Beispiel, das aber ebenfalls einen Rechtsverstoß zum Thema Pflegevorbehalt enthält, ist der sogenannte Arztbrief zur Entlassung aus dem Krankenhaus. Werden darin Empfehlungen zur weiter notwendigen Pflege gegeben, dürfen diese nicht mehr vom behandelnden Krankenhausarzt kommen – eine Pflegefachkraft wäre hier gefragt.
Zuvor schon in Kliniken gefundene Regeln zum Thema wurden in der Studie ebenfalls untersucht. Zu den Empfehlungen aus einer Reihe von Workshops gehört, für die Pflegefachpersonen Fortbildungen zum Thema zu organisieren. Krankenhäuser sollten zudem mit Vertretern aller Berufsgruppen das Vorbehaltsrecht der Pflege klären und eigene Regeln anpassen. Zwar schafften die Vorbehaltsaufgaben Klarheit und Rechtssicherheit, ein Aushandlungsprozess sei an allen Pflegeorten dennoch nötig, räumt Weidner ein. Unter dem Strich ist er optimistisch: Der Vorbehalt wird den Beruf stärken – »mittel- und langfristig kann die Regelung sich auf den Arbeitsmarkt auswirken, also mehr Menschen für die professionelle Pflege interessieren«.
Auch der Politik wurden Aufgaben mitgegeben: Unter anderem muss die höhere Verantwortung auch im Leistungsrecht ankommen, sprich: Die Aufgaben müssen vergütet werden. Oder: Für Patienten muss es einen Anspruch darauf geben, dass ihre Pflege eben von Fachpersonen gesteuert wird, wenn einmal ein individueller Bedarf festgestellt wurde.
Der Pflegevorbehalt tangiert zudem die jahrelangen Debatten über die Möglichkeiten, ärztliche Aufgaben zu delegieren. Hier wird es in Zukunft ein weiteres Gesetz geben, das Handlungsmöglichkeiten von Pflege-Profis erweitert. Vor knapp einer Woche hatte Gesundheitsminister Karl Lauterbach sich mit Christine Vogler, der Präsidentin des Deutschen Pflegerats, und weiteren Verbandsvertretern zum sogenannten Pflegekompetenzgesetz verständigt. Darin soll auch festgelegt werden, welche Aufgaben examinierte Pflegekräfte künftig übernehmen können, die jetzt noch Ärzten vorbehalten sind. Dazu zählt etwa die Versorgung von Diabetespatienten oder von Wundheilungsstörungen. Vorgesehen ist auch, dass Fachkräfte eigenständig Pflegegrade vergeben können. Der Gesetzentwurf soll noch vor dem Sommer kommen.
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