Berliner Polizeibeauftragter: Übermacht der Polizei

Nora Noll kommentiert den Jahresbericht von Berlins Polizeibeauftragten: Er zeigt, für erfolgreiche Beschwerden braucht es Befugnisse

Polizisten ziehen eine Klimaaktivistin von der Straße.
Polizisten ziehen eine Klimaaktivistin von der Straße.

Wem die Polizei unrecht getan hat, der geht dann – wohin genau? Zur Polizei? Seit Jahren kritisiert Amnesty International, dass es Deutschland an unabhängigen Beschwerdestellen mangelt. In Berlin gibt es seit 2022 immerhin den Polizeibeauftragten. Seine Aufgabe lautet, »das partnerschaftliche Verhältnis von Bürgerinnen und Bürgern zur Polizei zu stärken« und »darauf hinzuwirken, dass begründeten Beschwerden abgeholfen wird«.

Das schreibt der Polizeibeauftragte Alexander Oerke in seinem Jahresbericht für 2023. Und zählt dann ein paar Gründe auf, warum derzeit nicht allen Beschwerden so einfach »abgeholfen« werden kann. Ein Hauptproblem: Der Aktenzugang. Denn sobald disziplinar- oder strafrechtlich relevante Vorwürfe gegen Mitarbeitende eingehen, müsste die Polizei Ermittlungen einleiten – und dürfte Strafermittlungsakten dann nicht mehr herausgeben.

Doch Oerke betont: Hier gebe es Ermessensspielraum, den Staatsanwaltschaft und Innenverwaltung »restriktiv« auslegten. Dazu kommt ein Phänomen, das von Polizeigewalt betroffene Menschen immer wieder schildern – und das Oerke nun bestätigt: Sobald sie sich über das Verhalten von Polizeibeamt*innen beschwerten, hätten sie plötzlich selbst eine Anzeige am Hals, meist wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder Körperverletzung. »Angesichts dessen haben Beschwerdeführende schon die Frage gestellt, warum sie sich an den Polizeibeautragten wenden sollten«, schreibt Oerke.

Ja, warum eigentlich? Solange das Land dem Polizeibeauftragen keine wirksamen Ermittlungsinstrumente in die Hand gibt, werden Polizisten ihre Macht missbrauchen – zum Schaden der Betroffenen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal