E-Scooter: Blinden- und Fußgängerverein kritisieren Leih-Mobile

E-Scooter in Berlin werden wenig genutzt, behindern dafür insbesondere Ältere und Menschen mit Sehbehinderung

E-Roller stehen in einer Reihe auf einem Stellplatz – zumindest hier stehen sie Fußgänger*innen nicht im Weg
E-Roller stehen in einer Reihe auf einem Stellplatz – zumindest hier stehen sie Fußgänger*innen nicht im Weg

»Wissing will aggressives E-Scooter-Fahren legalisieren. Dazu muss Bonde im Bundesrat ›Nein‹ sagen, wenn sie ihre Kampagne ernst meint«, sagt Roland Stimpel am Dienstag auf der Pressekonferenz, zu der der Vorstand des Vereins Fachverband Fußverkehr (Fuss) und der Allgemeine Blinden- und Sehbehindertenverein (ABSV) geladen haben. Stimpel bezieht sich auf die Öffentlichkeitskampagne von Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU), die für mehr Sicherheit im Straßenverkehr sorgen soll. »Sei kein Monster« heißt es laut Kampagne: Berliner*innen sollen bewusster mit dem Rad, Roller und Auto fahren, um Unfälle zu vermeiden.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing legte im Juli 2024 einen Entwurf vor, der E-Scooter-Fahrer*innen ähnliche Rechte wie Radfahrer*innen geben soll. Das heißt, dass E-Scooter auch auf geteilten Fuß- und Radwegen fahren könnten oder in Fußgängerzonen legal wären. Der Verein Fuss sieht auf den Straßen Berlins seit fünf Jahren ein großes Chaos: Leih-E-Zweiräder blockieren Gehwege oder liegen ungenutzt in der Ecke.

Dabei werden in der Hauptstadt nur 0,3 Prozent aller Wege mit dem Sharing-Mobil zurückgelegt, wie der Verein aus Zahlen eines Verleiherverbands berechnet hat. 150-mal mehr gehen Berliner*innen zu Fuß. Zwischen dem 25. und 28. September gingen die Fußgängerlobbyisten sämtliche Straßen und öffentliche Wege in drei Hauptstadtgebieten ab. Dazu zählen Berlin City im Bezirk Mitte, Schöneberg zwischen Haupt- und Potsdamer Straße und das weniger besiedelte Alt-Tempelhof. In den jeweils 500 000 Quadratmeter großen Gebieten stellten sie fest, dass dort, wo es keine festen Stationen gibt, 72 Prozent der Fahrzeuge behindernd oder gefährdend lagen oder standen. Etwa alle 100 Meter stand ein Fahrzeug im Weg.

Wie gefährlich das sein kann, verdeutlichte der ABSV. Menschen mit Sehbeeinträchtigung nutzen Hauswände als »innere Leitlinie«. Die vielen stehenden und liegenden Leih-Zweiräder schränken ihre Orientierung im Raum ein. Die Folge ist laut Geschäftsführer Thomas Hilby, dass Senior*innen und Sehbehinderte Gehwege meiden oder Taxi fahren. Das ist nicht nur unökologisch, sondern widerspricht der Inklusion. Der ABSV fordert eine strikte Trennung von Fußgänger- und Fahrbereichen, effektive Kontrollen für Falschparker und restriktivere Auflagen für Anbieter.

Für den Verein Fuss ist klar, dass der Senat eingreifen muss. Mindestens zwanzig Prozent der Abstellplätze sollen Anbieter ab März 2025 selbst zahlen. Dann läuft die Sondernutzungsgenehmigung aus und das Land hätte die Möglichkeit, neue Auflagen zu machen. Wie viel Unterschied es macht, wenn Sharing-Zweiräder nur an Stationen abstellbar sind, zeigt der Verein am Beispiel Mitte. Dort hat der Bezirk in den vergangenen zwei Jahren vierzehn Stationen für Sharing-Zweiräder gebaut, überwiegend von Jelbi (Tochterfirma der BVG). In dem Zeitraum habe sich laut Verein der Anteil störender Fahrzeuge von 64 Prozent auf 14 Prozent verringert.

Damit die Rechte behinderter Menschen durchgesetzt werden, hat der ABSV das Land bereits verklagt. Ein Verkehrssenatssprecher sagte »nd«, man arbeite an einer Strategie für mehr Abstellflächen und eventuell kleinere Flotten.

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