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Marvin Oppong: »Ich habe dort heftige Polizeigewalt erlebt«

Der Journalist Marvin Oppong ist beruflich und privat mit rassistischen Polizeieinsätzen konfrontiert

Polizeimaßnahme aus dem Jahr 2020 gegen den Journalisten Oppong am Bahnhof in Chemnitz.
Polizeimaßnahme aus dem Jahr 2020 gegen den Journalisten Oppong am Bahnhof in Chemnitz.

Lieber Herr Oppong, Sie haben ein Crowdfunding gestartet, um Geld für eine Klage vor dem Verwaltungsgericht gegen die Bundespolizei zu sammeln. Es geht um einen Vorfall aus dem Jahr 2021. Was war Ihnen passiert?

Ich habe am Wuppertaler Bahnhof gesehen, wie die Bundespolizei zwei Männer mit offensichtlichem Migrationshintergrund kontrolliert hat und wollte das mit einem Foto dokumentieren. Die Beamt*innen haben mich dann, um meine Personalien zu notieren, auf die Wache mitgenommen. Und da hat einer der Kontrollierten dann behauptet, dass ich ihn angestiftet hätte, einen anderen Mann zu schlagen, damit ich das fotografieren kann. Monate später habe ich durch Zufall festgestellt, dass die Bundespolizei eine Pressemitteilung veröffentlicht hat, in der diese irre Geschichte des Beschuldigten noch weitergesponnen wird und ich mit kriminellen Aktivitäten in Verbindung gebracht werde. Diese Pressemitteilung ist noch online.

Aus welchem Grund wurden Sie denn mitgenommen? Das Filmen von Polizeieinsätzen ist ja nicht verboten.

So richtig kann ich mir das auch nicht erklären. Sie wollten wohl, falls ich jetzt etwas rechtswidrig veröffentlicht hätte, wissen, wo sie mich finden. Auf der Wache sind aber auch meine Sachen durchsucht worden. Auf dem Weg dahin hat man mich auch sehr grob angepackt.

Interview
Marvin OppongFoto:Kai-Uwe Heinrich

Marvin Oppong, geboren 1982, ist freier Journalist und Dozent aus Bonn. Im Fokus seiner Berichterstattung stehen Korruption, Lobbyismus, Datenschutz und Medienthemen.

Was genau fordern Sie jetzt?

Ich habe die Bundespolizei zur Entfernung der Pressemitteilung aufgefordert und für die unwahren und rufschädigenden Tatsachenbehauptungen abgemahnt. Die Pressemitteilung ist aber noch online. Jetzt bleibt mir nichts anderes übrig, als einen sogenannten öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch durchzusetzen. Dafür ist das Verwaltungsgericht zuständig.

Wie schätzen Sie Ihre Chancen ein?

Relativ hoch, denn äußerungsrechtlich ist es so, dass, wer eine Tatsachenbehauptung öffentlich verbreitet, diese auch belegen muss. Und da diese Pressemitteilung inhaltlich falsch ist, dürfte es schwierig werden für die Bundespolizei, das Behauptete vor Gericht zu belegen. Ich habe im Februar in anderer Sache ein Urteil erwirkt gegen die Bundespolizei. Da hat ein Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Bundespolizei rechtswidrig im Dresdener Bahnhof meinen Personalausweis kopiert hat.

Worum ging es da?

Ich war für die Arbeit in Dresden und wollte nach Berlin zu einer Podiumsdiskussion, wo ich zu meinem Buch »Ewig anders – schwarz, deutsch, Journalist« eingeladen war. Als ich durch den Hauptbahnhof gelaufen bin, wurde ich von der Bundespolizei angehalten und sollte mit auf die Wache kommen. Der Wachleiter hat mir gedroht, man würde mich jederzeit wieder kontrollieren, wenn ich dorthin komme. Das Gericht hat dann festgestellt, dass das Kopieren meines Ausweises rechtswidrig war.

Stufen Sie die Kontrolle als rassistisch motiviert ein?

Ich kann nicht in die Köpfe von Menschen schauen. Aber da ich in meinem Leben wiederholt ohne jeglichen Anlass von der Bundespolizei kontrolliert wurde und das anderen, weißen Menschen noch nie passiert ist im Leben, kann ich gar nicht anders als vermuten, dass mein Phänotyp damit direkt zusammenhängt.

Einmal hatten sich in Bonn drei Polizisten auf Sie gekniet, einer davon auf Ihren Kopf. War das vor dem Mord an George Floyd in Minneapolis im Mai 2020?

Das war im Jahr 2018. Ich hatte einen Unfall eines Polizeiautos fotografiert. Da wurde mir mit Gewalt die Fotokamera abgenommen. Ich habe dort heftige Polizeigewalt erlebt. Der Fall liegt derzeit vor dem Oberverwaltungsgericht. Aktuell warte ich lediglich auf eine Entscheidung, ob die Berufung zugelassen wird.

Es gab zu der Sache in Bonn also schon ein Verfahren?

Es gab bereits zwei Verfahren. Das Amtsgericht entschied über die Rechtmäßigkeit meiner Durchsuchung und Entkleidung sowie die Beschlagnahme meiner Speicherkarte. Das Verwaltungsgericht entschied über den laut Polizei ausgesprochenen Platzverweis, meine Ingewahrsamnahme und die eingesetzten Zwangsmittel, die demnach rechtmäßig gewesen seien.

In sozialen Medien berichten sie von vielen weiteren, ähnlichen Vorfällen mit der Polizei.

Ich habe langsam aufgehört zu zählen. Ich bin mehrfach von der Bundespolizei einfach so kontrolliert worden, ohne Anlass, schon als Jugendlicher. Und ich muss auch leider befürchten, dass es nicht das letzte Mal gewesen sein könnte.

Seit über zehn Jahren beschäftigen Sie sich mit Racial Profiling bei der Polizei und besonders der Bundespolizei. Wie könnte dieses Phänomen aus Ihrer Sicht bekämpft werden?

Als Journalist informiere ich ja eher, als dass ich politische Forderungen stelle. Aber ich denke, wir brauchen einfach mehr Sensibilisierung. Racial Profiling sollte ein Thema sein in der Schule, in der Ausbildung, Lehrer*innen sollen damit in Kontakt gebracht werden. Es sollte in öffentlichen Institutionen, die mit Bürger*innen in Kontakt stehen, also Gerichte, Polizei, Ämter, Schulungen zur Sensibilisierung geben.

Was noch?

Es fängt auch an bei der Personalauswahl der Polizei. Wer wird da eingestellt? Welche Einstellungen haben diese Menschen? Wie werden sie in Bezug auf dieses Thema geschult?

Die Berliner Polizei ist dafür bekannt, dass sie besonders viele Menschen mit Migrationshintergrund aufgenommen hat. Finden Sie das einen gangbaren Ansatz?

Diversität in der Polizei ist sicherlich wichtig, da gibt es viel Nachholbedarf. Man darf aber nicht dem Irrglauben unterliegen und denken, wenn man einfach nur den Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund in der Polizei steigert, dass das alleine schon das Problem löst. Denn auch diese Menschen sind nicht gefeit, sich als Polizeibeamt*innen diskriminierend zu verhalten. Von daher kann die Personalpolitik nur eine Maßnahme unter vielen sein.

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