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Zurück auf Los in Paris
Peter Steiniger zu Frankreichs nächster Kurzzeit-Regierung
Nach dem Prinzip Versuch und Irrtum schlägt sich Frankreichs Präsident mit einem dicken Problem herum, das ihm die illoyalen Wähler vor einem halben Jahr eingebrockt haben. Nun steht Emmanuel Macron ohne Mehrheit für das eigene Lager und mit der Neuen Volksfront als stärkster Kraft in der Nationalversammlung da. Dennoch denkt Frankreichs Präsident nicht mal im Traum daran, das Ruder teilweise den Linken zu überlassen, denn diese wollen seine gegen großen Widerstand aus der Bevölkerung durchgedrückten Reformen schleifen und den Staat nicht durch Einsparungen im Sozialhaushalt entlasten.
Das Kabinett von Michel Barnier regierte nur so lange, bis auch die extreme Rechte von Marine Le Pen nach gut drei Monaten den Daumen senkte. Die jetzt vorgestellte Regierung von François Bayrou ist eine Wiederholung des Experiments mit derselben Anordnung unter einem neuen Aushängeschild. Daran ändern auch Ministerämter für zwei Ex-Sozialisten als Alibi nichts. Das Ergebnis ist vorhersehbar.
Bayrous Riege, die zum großen Teil aus Ministern der Vorgängerregierung besteht, bedeutet einen weiteren Aufguss der von Macron verkörperten marktliberalen Politik, die in den Augen der Mehrheit längst gescheitert ist. Eine Lösung der politischen Krise wird weiter verschleppt. Der Regierungschef selbst ist nicht mehr als ein Notnagel, mit katastrophal niedrigen Zustimmungswerten. Monsieur Bayrou war nicht einmal für Macron die erste Wahl für sein Amt, warum sollte er es für Frankreichs Bürger sein? Bereits etwas abgehalfterte Politiker seines Kalibers hätte man in normalen Zeiten als Krönung ihrer Laufbahn nach »Europa« befördert. Für den wirklichen Souverän ist der neueste Aufguss des Macronismus nur ein weiterer Schlag ins Gesicht.
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