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Deutlich mehr Migrationsabwehr in Deutschland
Ministerien verzeichnen viel mehr Zurückweisungen und erzwungene Ausreisen
Deutsche Behörden haben im vergangenen Jahr deutlich mehr Menschen in andere EU-Staaten oder vermeintlich »sichere Herkunftsstaaten« abgeschoben als 2023. Das berichtet die Bild-Zeitung unter Berufung auf Zahlen des Bundesinnenministeriums. Demnach gab es in den ersten elf Monaten des Jahres 2024 bereits 18 384 erzwungene Ausreisen, 2023 waren es 16 430 gewesen. An erster Stelle standen Staatsbürger*innen aus der Türkei mit 1720 Betroffenen, an zweiter Stelle 1678 Georgier*innen, gefolgt von Menschen aus Syrien, Nordmazedonien, Albanien, Serbien und dem Irak. Laut Bundesinnenministerium wurden im vergangenen Jahr auch 1361 afghanische Staatsangehörige aus Deutschland abgeschoben.
Sichere Herkunftsstaaten sind solche, bei denen Ämter davon ausgehen, dass der betroffenen Person dort kein ernsthafter Schaden droht. Mit einer solchen Einstufung kann ein Asylantrag leichter abgelehnt werden. Außerdem hat eine Asylklage keine aufschiebende Wirkung. Die Betroffenen können zwar gegen einen ablehnenden Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge klagen, müssen den Ausgang des Verfahrens dann aber im Ausland abwarten. Ende 2023 erhielten zuletzt Georgien und die Republik Moldau den Status als »sicherer Herkunftsstaat«.
Viele der Abgeschobenen wurden nicht in ihre Herkunftsländer gebracht, sondern in andere EU-Staaten, die nach den sogenannten Dublin-Regeln für ihre Asylanträge zuständig waren. Das gilt vor allem für Menschen aus Syrien und Afghanistan. Von den abschobenen Iraker*innen wurden indes drei Viertel in ihr Heimatland gebracht.
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Auch bei der Einreise verzeichnet das Bundesinnenministerium für 2024 Erfolge seiner neuen Migrationsabwehr. An den deutschen Grenzen wurden bis November 62 493 unerlaubte Übertritte registriert, während es im gleichen Zeitraum 2023 noch 103 526 waren. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Christoph de Vries hervor, über die rbb24 Recherche am Dienstag exklusiv berichtete. Die meisten dieser Einreisen wurden an der Grenze zu Polen festgestellt, gefolgt von den Grenzen zu Österreich und der Schweiz.
Gleichzeitig stieg die Zahl der Zurückweisungen von rund 29 000 im Jahr 2023 auf über 34 000 im Jahr 2024. Besonders stark war der Anstieg an den Grenzen, die erst seit Mitte September 2024 kontrolliert werden. So nahmen etwa Zurückweisungen an der französischen Grenze von 147 auf 3334 zu, an der niederländischen Grenze von 69 auf 692. An den Grenzen zu Belgien und Luxemburg verzeichneten die Behörden eine ähnliche Entwicklung. Einen Rückgang gab es indes bei angeblich festgestellten Schleuser*innen von 2501 auf 1433 Fälle. Trotzdem wurden über 2000 Haftbefehle mehr vollstreckt als im Vorjahr, insbesondere an den Grenzen zu Österreich und Tschechien.
»Statt Solidarität zu zeigen, erfüllt die Bundesregierung rechte Forderungen und betreibt Abschottungspolitik, um Wählerstimmen zu gewinnen«, kritisiert die Linke-Bundestagsabgeordnete Clara Bünger die Maßnahmen an den Außengrenzen gegenüber »nd«. Die fluchtpolitische Sprecherin der Gruppe fordert stattdessen eine Politik, »die den Schutz von Menschenrechten über populistische Abschreckungsmaßnahmen stellt«. Mit Agenturen
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