Massengräber in Libyen: Eine Blutspur bis nach Brüssel

Christian Klemm über Migranten in libyschen Massengräbern

Schon 2020 hatten Mitarbeiter des libyschen Justizministeriums nach mutmaßlichen Massengräbern in der Wüste gesucht.
Schon 2020 hatten Mitarbeiter des libyschen Justizministeriums nach mutmaßlichen Massengräbern in der Wüste gesucht.

Das Mittelmeer ist ein Massengrab. Abertausende Menschen haben dort auf dem Weg in ein besseres Leben ihr Leben verloren. Seit Jahren sponsert die politische Klasse in der Europäischen Union die Regierung in Libyen, unter anderen mit Schiffen und Ausrüstung für die dortige Küstenwache. Dass dort Migranten – meist Menschen aus Schwarzafrika – als minderwertig gegenüber Einheimischen gelten, weiß man auch in Rom, Paris oder Berlin: Augenzeugen und Berichte sprechen von Folter, Vergewaltigung und Mord, denen diese Menschen ausgesetzt sind. »Folter und andere Misshandlungen wurden in Gefängnissen und anderen Hafteinrichtungen in ganz Libyen weiterhin systematisch angewandt«, schreibt Amnesty International über das nordafrikanische Land. Das aber wird billigend in Kauf genommen. Denn schließlich soll die Zuwanderung nach Europa gestoppt werden. Koste es, was es wolle.

Während Politiker in Brüssel in großen Reden von Menschenrechten schwadronieren, werden ein paar Tausend Kilometer weiter südlich Menschen in der libyschen Wüste wie Hunde verbuddelt. Eine Blutspur führt von der nordafrikanische Wüste direkt nach Brüssel: Tripolis ist nichts anderes als ein bezahlter Vorposten der Festung Europa.

Das erinnert an den Flüchtlingsdeal, den die EU vor geraumer Zeit mit dem Regime in der Türkei eingefädelt hat: Präsident Recep Erdoğan hält den europäischen Staaten Flüchtlinge vom Hals, die sich aus Richtung Syrien und dessen Anrainerstaaten auf den Weg in ein besseres Leben machen – gegen klingende Münze, versteht sich. Dass Erdoğan ein machtbesessener Autokrat ist, der einen Großteil der Opposition im Land hat einknasten lassen – geschenkt. Was zählt, sind Resultate. So wie in Libyen auch.

- Anzeige -

Wir haben einen Preis. Aber keinen Gewinn.

Die »nd.Genossenschaft« gehört den Menschen, die sie ermöglichen: unseren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die mit ihrem Beitrag linken Journalismus für alle sichern: ohne Gewinnmaximierung, Medienkonzern oder Tech-Milliardär.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen sichtbar machen, die sonst untergehen
→ Stimmen Gehör verschaffen, die oft überhört werden
→ Desinformation Fakten entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und vertiefen

Jetzt »Freiwillig zahlen« und die Finanzierung unserer solidarischen Zeitung unterstützen. Damit nd.bleibt.