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- Bundeswehr in der Ukraine
Ein Gedanke, der sich verbietet
Sollen Bundeswehrsoldaten als Friedenstruppe in die Ukraine? Nein, denn Nato-Staaten sind dafür eine Fehlbesetzung, meint Wolfgang Hübner
Als eine Gruppe europäischer Spitzenpolitiker inklusive Bundeskanzler Friedrich Merz neulich beim US-Präsidenten saß, um über Wege zum Frieden in der Ukraine zu sprechen, keimte ein wenig Hoffnung auf: Setzt sich doch noch – wenn auch sehr spät – die Vernunft durch, wird miteinander gesprochen statt aufeinander geschossen?
Wenige Stunden später wird in Deutschland eine ganz andere Debatte geführt: Sollen deutsche Soldaten in die Ukraine entsandt werden? Natürlich erst nach einem Waffenstillstand, besser noch nach Abschluss eines Friedensvertrags. Nachdem schon fast alle Hemmschwellen bei Rüstungsexporten gefallen sind, nachdem riesige Sondervermögen fürs Militär gebildet wurden, nachdem über die Rückkehr von Zwangsmusterung und Wehrpflicht diskutiert wird – nach all dem folgt nun als fast schon logischer nächster Schritt der Militarisierung der Fast-Fronteinsatz. Denn eine – wenn auch stillgelegte – Frontlinie zwischen Russland und der Ukraine wird bleiben.
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Ein Frieden muss abgesichert werden, gar keine Frage. Zuallererst mit für alle Seiten akzeptablen Sicherheitsgarantien; wenn nötig auch mit Friedenstruppen. Aber Nato-Staaten, die seit mehr als drei Jahren die Ukraine mit Waffen beliefern und damit eindeutig Partei ergriffen haben, sind als neutrale Friedenswächter disqualifiziert. Unvorstellbar, dass Russland das als vertrauensbildende Maßnahme verstehen könnte. Hinzu kommt: Noch können sich Zeitzeugen in der Ukraine und in Russland daran erinnern, wie deutsche Soldaten dort im Zweiten Weltkrieg gewütet haben. Und bei Geschichtsbild und Traditionsverständnis der Bundeswehr gäbe es noch einige Merkwürdigkeiten zu klären. Allein dieses historische Erbe verbietet jeden Gedanken an einen Auslandseinsatz deutscher Soldaten am Dnjepr.
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