Nach Merzwahl: Union debattiert Zusammenarbeit mit Linkspartei

Die schwierige Kanzlerwahl hat in der Union eine Debatte zur Zusammenarbeit mit der Linken ausgelöst. Mit der AfD führte die Union keine Gespräche.

  • Alexander Wenzel, AFP
  • Lesedauer: 3 Min.
Friedrich Merz, mittlerweile Bundeskanzler und Bodo Ramelow (Die Linke).
Friedrich Merz, mittlerweile Bundeskanzler und Bodo Ramelow (Die Linke).

Berlin Die schwierige Kanzlerwahl hat in der Union eine Debatte zur Zusammenarbeit mit der Linkspartei ausgelöst. Denn zur Ermöglichung eines zweiten Wahlgangs mussten CDU/CSU Gespräche mit der Linken führen – zu dieser gilt bei der CDU aber eigentlich ein Unvereinbarkeitsbeschluss. Für dessen Abschaffung zeigte sich am Mittwoch bereits Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) offen.

»Wir werden gemeinsam darüber zu sprechen haben«, sagte Frei den Sendern RTL und N-TV. Der Beschluss des CDU-Bundesparteitags könne zwar nicht mit einem Federstrich außer Kraft gesetzt werden. »Aber mit Sicherheit sind wir in einer Situation, wo wir die eine oder andere Frage neu bewerten müssen.«

CDU-Chef Friedrich Merz war am Dienstagvormittag beim ersten Durchgang der Kanzlerwahl überraschend gescheitert. Um einen zweiten Wahlgang noch am selben Tag durchführen zu können, mussten zwei Drittel der Abgeordneten für einen Antrag zur Fristverkürzung stimmen.

Weil diese Mehrheit neben CDU/CSU, SPD und Grünen nur mit der als gesichert rechtsextremistisch eingestuften AfD oder der Linkspartei zustande kommen konnte, führte die Union auch mit Letzterer Gespräche. Mit der Linken gilt bei der CDU aber eigentlich ein Unvereinbarkeitsbeschluss, der eine Zusammenarbeit ausschließt. Dieser wurde bei einem CDU-Parteitag 2018 gefasst.

Bei der Kanzlerwahl habe es erneut das Problem gegeben, dass eine Zweidrittelmehrheit nicht einfach möglich sei, sagte Frei. Deshalb gehe es nun um pragmatische Lösungen für das Land. »Das Wohl des Landes ist immer höher zu bewerten als Parteiinteressen.«

Zu den neuen Gesprächen mit der Linken sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann am Dienstagabend im ZDF: Schon in der Vergangenheit seien Verfahrensfragen zwischen den Parlamentarischen Geschäftsführern geklärt worden. So sei es auch bei der Kanzlerwahl gewesen.

Der CDU-Politiker betonte: »Aber wir haben diesen Unvereinbarkeitsbeschluss, der steht.« Es gebe immer noch linksextremistische Strömungen innerhalb der Linkspartei. Wie in Zukunft über den Beschluss gesprochen werde, müssten Parteitage zeigen, zeigte sich aber auch Linnemann offen. Die CDU sei eine Partei, »die sehr offen mit diesen Dingen umgeht«.

Der neue Unions-Parlamentsgeschäftsführer Steffen Bilger bekräftigte am Mittwoch im Sender Welt, dass die neuen Gespräche mit der Linken »keine inhaltliche Zusammenarbeit« gewesen seien. »Der Unvereinbarkeitsbeschluss gilt.« Allerdings werde es in den kommenden Wochen immer wieder Situationen im Bundestag geben, wo Gespräche geführt werden müssten, zum Beispiel über organisatorische Fragen.

Linke-Chefin Ines Schwerdtner forderte CDU/CSU indes bereits auf, künftig stärker mit ihrer Partei zusammenzuarbeiten. Sie erwarte, dass sich die Union nicht nur melde, »wenn die Hütte brennt, sondern auch bei anderen politischen Entscheidungen, wenn eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig ist«. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte sie weiter: »Demokratische Parteien sollten in der Lage sein, miteinander zu sprechen.«

Mit der AfD führte die Union im Verlauf der Kanzlerwahl keine Gespräche. Zu der erst kürzlich vom Verfassungsschutz als »gesichert rechtsextremistisch« eingestuften Partei gibt es in der CDU auch einen Unvereinbarkeitsbeschluss.

AfD-Chefin Alice Weidel warf der CDU am Mittwoch im Onlinedienst X vor, »mit der Linken paktieren« zu wollen. »Weil jetzt schon absehbar ist, dass man mit der kleinen Koalition aus Union und SPD kaum regieren kann.« AFP

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