Wer stoppt Israels Völkermord?

Während die Uno die sofortige Wiederaufnahme von Hilfslieferungen fordert, bestreitet Israel eine Hungersnot im Gazastreifen

  • Oliver Wagner
  • Lesedauer: 3 Min.
Gebet für Opfer eines israelischen Angriffs auf das Indonesian Hospital in Beit Lahia im nördlichen Gazastreifen
Gebet für Opfer eines israelischen Angriffs auf das Indonesian Hospital in Beit Lahia im nördlichen Gazastreifen

Wegen der seit über zwei Monaten anhaltenden israelischen Blockade sämtlicher Hilfslieferungen an die mehr als zwei Millionen Bewohner des palästinensischen Gazastreifens warnen die Uno, mehrere ihrer Unterorganisationen und viele private Hilfsorganisationen vor weiteren Hungertoten. So erklärte am Dienstag Rik Peeperkorn von der Weltgesundheitsorganisation WHO, vor allem viele kleine Kinder würden bereits jetzt Langzeitschäden erleiden, ausgelöst durch unzureichende, einseitige oder unregelmäßige Nahrung.

Die Internationale

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Mit der Kolumne »Die Internationale« gehen wir einen Schritt weiter in dieser Kooperation und veröffentlichen immer freitags in unserer App nd.Digital einen Kommentar aus unseren Partnermedien, der aktuelle Themen unter die Lupe nimmt. Das können Ereignisse aus den jeweiligen Ländern sein wie auch Fragen der »großen Weltpolitik«. Alle Texte unter dasnd.de/international.

Während die Uno ein sofortiges Wiederanfahren der internationalen Hilfslieferungen in den Gazastreifen fordert, bestreiten Vertreter Israels, dass es dort eine Knappheit an Lebensmitteln gäbe. Und der seit einem halben Jahr vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag per Internationalem Haftbefehl gesuchte israelische Premier Netanjahu hat eine neue großangelegte »Offensive« seiner Kriegsmaschinerie »in den kommenden Tagen« angekündigt.

Netanjahus Sicherheitsminister Itamar Ben Gwir will die Verteilung von Lebensmitteln in Gaza künftig auf jene Palästinenser beschränken, die zur »freiwilligen Ausreise« bereit seien. Wie auch Netanjahus ultrarechter Finanzminister Bezalel Smotrich sagt Gwir ganz öffentlich, was er für das eigentliche Kriegsziel Israels hält: die Vertreibung der Palästinenser sowohl aus Gaza als auch aus dem Westjordanland. Entgegen der Bestimmungen des Osloer Abkommens, für das Jassir Arafat, Schimon Peres und Jitzhak Rabin im Jahr 1994 (!) den Friedensnobelpreis erhielten, werden auf der Westbank seit Jahren die völkerrechtswidrigen israelischen Siedlungen erweitert und werden Palästinenser von dort vertrieben.

»Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek«

Die »Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek« ist eine marxistisch orientierte politische Tageszeitung in Luxemburg. Die Berichterstattung umfasst alle Gesellschaftsbereiche sowie nationale und internationale politische Ereignisse. Die Zeitung erschien erstmals am 1. Juli 1946. Sie gilt als Zentralorgan der Kommunistischen Partei Luxemburgs (KPL). Frieden, Humanismus, sozialer und gesellschaftlicher Fortschritt, Laizismus, Solidarität, Antirassismus, Antimilitarismus bestimmen die redaktionelle Linie der Zeitung von ihrer Gründung bis heute.

Die »Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek« erscheint in gedruckter Form von Dienstag bis Samstag jeweils mit 12 Seiten.

Am Dienstag zeigte die Bombardierung zweier Spitäler in Chan Junis, des Nasser-Krankenhauses in der Nacht und des Europäischen Krankenhauses am Nachmittag, dass Netanjahu mehr denn je auf die Vertreibung der palästinensischen Zivilbevölkerung setzt. Einer der drei Toten im Nasser-Krankenhaus war der Journalist Hassan Eslaih, mehrere Ärzte und Krankenschwestern wurden verletzt.

Der per Haftbefehl gesuchte Premier hatte bereits in der Vorwoche zehntausende Reservisten einberufen lassen und droht mit der militärischen Besetzung des gesamten Gazastreifens. Man sei nur noch auf der Suche nach Staaten, die Gazas Bevölkerung aufnehmen könnte, so Netanjahu während einer Sitzung des Sicherheitskabinetts. Eine Rückkehr der gewaltsam von ihrem Land vertriebenen Palästinenser sei vom Tisch – es geht ihm also um eine »ethnische Säuberung« der Palästinensergebiete mit roher Gewalt: US-amerikanischen Angaben zufolge wurden seit Kriegsbeginn im Oktober 2023 bis Juni 2024 mehr als 45 000 Bomben auf Gaza abgeworfen – mehr als alle Bomben, die im Zweiten Weltkrieg auf Hamburg, Dresden und London abgeworfen wurden.

Mit dem Uno-Untergeneralsekretär für Humanitäre Angelegenheiten und Nothilfekoordination, Tom Fletcher, der am Dienstag in einer Sitzung des Uno-Sicherheitsrats in New York vor einem »Völkermord« Israels an den Palästinensern warnte, ist zu fragen: »Welche Beweise brauchen Sie jetzt noch? Werden Sie entschlossen handeln, um Völkermord zu verhindern und die Einhaltung des humanitären Völkerrechts zu gewährleisten? Oder werden Sie stattdessen sagen: «Wir haben alles getan, was wir konnten»?«

Dieser Text ist am 16. Mai in unserem Partnermedium »Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek« (Luxemburg) erschienen. Der Beitrag wurde nachbearbeitet und gekürzt.

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