Politisch definierte Kriminalität

Matthias Monroy über die Verfolgung von »importiertem Antisemitismus«

Löst bei der Polizei Antisemitismus-Alarm aus: die 2023 verbotene Parole »Vom Fluss bis zum Meer – Palästina wird frei sein«.
Löst bei der Polizei Antisemitismus-Alarm aus: die 2023 verbotene Parole »Vom Fluss bis zum Meer – Palästina wird frei sein«.

Die neuen Zahlen zu politisch motivierten Straftaten geben Anlass zur Nervosität – in den letzten zehn Jahren haben sich Fälle mehr als verdoppelt, das Jahr 2024 verzeichnet den stärksten prozentualen Zuwachs seit Einführung der Erhebung 2001.

Allerdings: Es handelt sich nicht nur um politisch motivierte, sondern auch um politisch definierte Kriminalität. Wo der Staat genauer hinschaut oder die Strafbarkeitsschwelle senkt, werden zwangsläufig mehr Taten gezählt. Bei der Verfolgung von Antisemitismus wird dies besonders deutlich: Der Bundesinnenminister bediente sich bei der Statistikvorstellung fragwürdiger Bezeichnungen wie »Israel-Hass-Demonstrationen«, denen er »importierten Antisemitismus« unterstellte. Alexander Dobrindt verbreitete auch widerlegte Unwahrheiten über angeblich gewalttätige Nakba-Proteste vom Wochenende in Berlin – und nutzte sie, um eine Politik noch höherer Strafen und verschärfter Ausweisungen anzukündigen.

Anstatt die Regierung in Israel für Völkerrechtsverstöße außenpolitisch zur Verantwortung zu ziehen, geht die Bundesrepublik innenpolitisch mit beispielloser Härte gegen Kritiker*innen dieser Politik vor. Auch in der Linken mehren sich aber Zweifel an Israels Selbstverteidigungsnarrativ nach dem 7. Oktober – was in Gaza geschieht, ist ein fortwährendes Massaker. Deshalb müssen Linke auch gegen die Repressionskeule aufstehen, die Dobrindt über der Palästina-Solidarität weiter schwingen will. Protest und Widerstand gegen den Gaza-Krieg sind nicht kriminell – und nicht per se antisemitisch.

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