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Füchse Berlin: Drei Spiele bis zum »Lebenstraum« Meisterschaft
Die Berliner Handballer gewinnen das Spitzenspiel der Bundesliga gegen Melsungen deutlich
»So, los jetzt!« Bob Hanning will die Fragerunde anscheinend schnell hinter sich bringen. Aber auch der 57-Jährige kann an einem Abend wie diesem nicht anders, holt weit aus und erzählt letztlich von seinem »Lebenstraum« nach 20 Jahren bei den Füchsen Berlin. Weil die Handballer aus der Hauptstadt zuvor mit 37:29 gegen die MT Melsungen gewinnen konnten, haben sie nun als alleiniger Tabellenführer der Bundesliga drei Spieltage vor dem Saisonende die große Chance auf den ersten Meistertitel der Vereinsgeschichte. Genau dafür ist Hanning als Manager zum damaligen Zweitligisten gekommen.
Angespannte Berliner
Es war ja auch nicht irgendein Sieg, den 9000 Zuschauer am Donnerstagabend in der ausverkauften Max-Schmeling-Halle enthusiastisch feierten. In den vergangenen Wochen steuerte alles in der Bundesliga auf dieses Duell zu: Erster gegen Zweiter, punktgleich, die beste Offensive gegen die stärkste Abwehr. »Alle waren angespannt, jeder wusste: Jetzt kommt das Spitzenspiel«, beschreibt Sportvorstand Stefan Kretzschmar später die Atmosphäre bei den Füchsen Berlin und im Umfeld des Vereins in den Tagen zuvor.
Diese Anspannung war dann auch in der Halle zu spüren: Nach einer Viertelstunde steht es 7:7, ein ausgeglichenes Spiel, in dem Torwart Dejan Milosavljev der beste Berliner ist. Fünf Minuten später führen die Füchse mit 13:7, drei der sechs Tore wirft Mathias Gidsel. Am Ende kommt er auf 15 und sagt: »Ich weiß auch nicht, was heute mit mir los war.« Wieder mal ist es der Welthandballer, der den großen Unterschied macht. Die Analyse des ernüchterten Melsunger Trainers Roberto Garcia Parrondo: »Wir konnten Gidsel nicht gut verteidigen.«
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Glücklose Gäste
Den Gästen aus Hessen, die 25 von 31 Ligaspielen gewonnen haben, gelingt an diesem Abend fast gar nichts. Und das, weil in Berlin um Gidsel herum ein Team gewachsen ist, das in dieser Saison auch in der Champions League noch um den Titel spielt. Ein Beispiel ist Linksaußen Tim Freihöfer: Mit nunmehr 192 Toren und einer Trefferquote von fast 77 Prozent spielt der 22-Jährige in der Bundesliga schon ganz oben mit.
Bessere Werte kann in Berlin nur Gidsel vorweisen: Mit seinen 249 Toren hat er allein fast ein Viertel aller Treffer der Füchse in der Bundesliga erzielt. Auch deshalb nennt ihn Kretzschmar am Donnerstag »ein Geschenk« für den Verein. Zweimal ist der 26-Jährige schon zum Welthandballer gekürt worden. Mit dem dänischen Nationalteam ist er im vergangenen Jahr in Paris Olympiasieger und Anfang Februar zum dritten Mal Weltmeister geworden. Am Donnerstag steht er in der Max-Schmeling-Halle und erzählt, dass er zum ersten Mal in seiner Karriere vor einem Spiel nervös gewesen sei. Besser lässt sich die Bedeutung dieser Partie für die Berliner wohl kaum beschreiben.
Einfache Rechnung
»Druck« ist für Jaron Siewert »eine positive Erwartungshaltung«. Der Trainer der Füchse macht zumindest äußerlich zumeist den entspanntesten Eindruck bei den Berlinern, auch am Donnerstag. Seine Spieler können und wollen Erleichterung und Euphorie nicht verstecken, sie tanzen in der Halle und feiern mit den Fans. »Spitzenreiter«, schallt es immer wieder durch die Halle.
Da ist es schon schwer, den eigenen Emotionen zu widerstehen. Erst recht, wenn es wie bei Bob Hanning um einen Lebenstraum geht. Also warnt er vor dem Auswärtsspiel am Sonntag bei den Abstiegskämpfern aus Stuttgart, die am Donnerstag mit 33:26 bei den Rhein-Neckar Löwen, Gegner der Füchse am letzten Spieltag, gewonnen haben. Am kommenden Donnerstag spielt mit Gummersbach ein Team in Berlin, das laut Hanning »jeden Gegner in der Liga schlagen kann«. Die Meister-Rechnung ist einfach: drei Spiele, drei Siege – dann kann auch der jetzt zweitplatzierte SC Magdeburg nichts mehr ausrichten. Gidsel kennt die Lösung: »Wenn wir 100 Prozent geben, dann gewinnen wir, egal ob der Gegner Melsungen oder Barcelona heißt.«
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