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Brutaler Angriff in Berlin-Köpenick: »Scheiß linke Zecken«
Zwei Männer schlugen einen Mann mit Fäusten und Bierflasche und sollen sich »Nazis« genannt haben
Max T.* habe sich sicher gefühlt, als er in einer Frühlingsnacht vergangenes Jahr am Späti in Köpenick sitzt. Denn er sei soeben mit seinen vier Freund*innen von einem Konzert gekommen. Doch die Nacht nimmt einen Ausgang, den T. am Mittwoch vor dem Amtsgericht Tiergarten als »traumatisch« beschreibt.
Mittels »gefährlichen Werkzeugs« und »einer das Leben gefährdenden Behandlung« sollen zwei Männer T. verletzt haben. Zuvor sollen sie ihn und seine Freund*innen beleidigt haben. Laut Aussagen von T. hätten sich die Angeklagten selbst als »Nazis« bezeichnet. Der Prozess gegen Hannes M.* und Maxim G.* startete am Dienstag.
Am Späti in der Köpenicker Bahnhofstraße treffen die fünf Freund*innen auf die Angeklagten G. und M. Die beiden Männer Anfang zwanzig sollen die Gruppe beleidigt haben. Unter anderem sollen sie »Scheiß linke Zecken, wir prügeln euch aus Köpenick raus« zu der Gruppe gesagt sowie Begriffe benutzt haben, die im juristischen Sinne die Ehre verletzen.
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Nach den verbalen Angriffen sollen die Angeklagten eine Gruppe Schwarzer Menschen absichtlich angerempelt haben. Der Angeklagte G. spricht von einer »Kollision«. Nach dem Zusammenstoß habe T. den Angeklagten zugerufen: »Hey, was soll das?!« Daraufhin ist die Situation eskaliert. Der Geschädigte T. beschreibt es so: Einer der zwei Männer habe ihm ins Gesicht gespuckt und gesagt: »Ihr wollt doch immer Nazis boxen, warum macht ihr es nicht, wenn ihr die Gelegenheit dazu habt?«
Die zwei Frauen aus der Gruppe hätten versucht, zwischen die Angreifer und T. zu gehen. Es seien sexistische Beleidigungen von den Angreifern gefallen, die den Schutz von T. durch Frauen abwerten. Schließlich hätten M. und G. es geschafft, zu T. vorzudringen. Sie schlugen ihm ins Gesicht und mit einer Bierflasche auf den Kopf, bis er zu Boden ging. Als er auf dem Boden lag, schlugen und traten sie ihn weiter. Mehrere Menschen haben versucht, einzugreifen und wurde ebenfalls verletzt.
Die Situation endet, weil zufällig vorbeifahrende Bundeskriminalpolizisten die Angreifer mit Pfefferspray überwältigen. T. erleidet Kopfwunden, aus denen im Krankenhaus Glasscherben gezogen werden, sowie eine Gehirnerschütterung. Er ist bis heute in therapeutischer Behandlung. Auf die Frage seitens der Richterin, warum die Angreifer ihn und seine Freund*innen direkt als »links« verortet hätten, sagt er: »Anscheinend wegen der langen Haare.«
»Auch in Treptow-Köpenick nimmt die Präsenz einer rechten Jugendszene zu.«
Berliner Register Treptow-Köpenick
Die Angeklagten Hannes M. und Maxim G. gestehen, T. geschlagen zu haben. G. sagt jedoch, dass er zuerst einen Schlag bekommen habe. »Dieses links-rechts-Ding« könne er überhaupt nicht leiden, so G. Er sei als »Nazi« denunziert worden. Er sagt zudem, dass er bereits Alkohol und Speed konsumiert hatte, bevor er auf die Gruppe traf. Auch B. sei laut eigenen Aussagen alkoholisiert und auf Amphetaminen gewesen, als er auf die Gruppe traf.
Unweit vom Tatort entfernt liegt die Parteizentrale der rechtsextremen »Heimat« (ehemals NPD), wo in den vergangenen Monaten unter anderem der Neonazi-Rapper »Kavalier« und die Rechtsrock-Band Flak auftraten. Das Berliner Register Treptow-Köpenick dokumentierte im vergangenen Jahr 976 Vorfälle rechter Gewalt – ein Anstieg um 116 Prozent im Vergleich zu 2023. Körperliche und verbale Übergriffe hätten einen neuen Spitzenwert erreicht. »Auch in Treptow-Köpenick nimmt die Präsenz einer rechten Jugendszene zu. Dabei geraten Antifaschist*innen immer mehr in den Fokus. Das Motiv der Feindschaft gegen politische Gegner*innen ist am stärksten gestiegen«, teilt die Organisation anlässlich der Jahresauswertung 2024 mit.
*Namen von der Redaktion geändert.
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