Linke: Auf dem sächsischen Weg zum Etat

Landes-Linke vor Führungswechsel. Parteitag berät auch über Verhalten bei Abstimmung zum Haushalt

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 4 Min.
Susi Schaper und Stefan Hartmann haben der sächsischen Linken fünfeinhalb Jahre lang den Weg gewiesen, jetzt geben sie den Vorsitz ab.
Susi Schaper und Stefan Hartmann haben der sächsischen Linken fünfeinhalb Jahre lang den Weg gewiesen, jetzt geben sie den Vorsitz ab.

Sie seien »die Vorsitzenden der Krisen« gewesen. Das sagt Susanne Schaper über sich und ihren Genossen Stefan Hartmann. Beide übernahmen im November 2019 die Führung der sächsischen Linken. Diese war kurz zuvor bei einer Landtagswahl auf 10,4 Prozent abgestürzt. In den fünfeinhalb Amtsjahren von Schaper und Hartmann folgten die Corona-Pandemie, die auch Parteien vor gänzlich neue Herausforderungen stellte, der Krieg in der Ukraine – und eine weitere Landtagswahl, bei der die Linke im Freistaat sogar an der Fünfprozent-Hürde scheiterte und nur dank zweier Direktmandate überhaupt in den Landtag kam. Das war vor einem Dreivierteljahr.

Neun Monate später nimmt das bisherige Führungsduo seinen Abschied – allerdings nicht in einer Zeit der Krise. Der einst notorisch zerstrittene Landesverband agiert geschlossen, der Führungswechsel dürfte weitgehend geräuschlos vonstattengehen. Zwar gibt es mit Anja Eichhorn (Zwickau) und Marco Böhme (Leipzig), die als Duo antreten, sowie Marika Tändler-Walenta (Mittelsachsen) und Silvio Lang (Bautzen) vier Bewerber für die Doppelspitze. Doch die Konkurrenz ist, anders als früher, kein Zeichen für Flügelkämpfe. Diese habe man erfolgreich befriedet, sagt Schaper und lobt den von ihr und Hartmann dekretierten »sächsischen Weg«, der darauf setzt, in der Partei die Gemeinsamkeiten zu betonen und nicht die Unterschiede. Das sei offenbar gelungen, sagt Hartmann und merkt an, die eigens installierte Ombudsperson, die parteiinterne Streitigkeiten schlichten soll, habe »in den letzten beiden Jahren nichts zu tun gehabt«.

Zur guten Stimmung trägt auch bei, dass die Linke bei der Bundestagswahl im Februar eine furiose Trendwende geschafft hat, dabei in Sachsen ein Direktmandat in Leipzig verteidigte und einen bemerkenswerten Zustrom an neuen Mitgliedern verzeichnet. Wenn sich am Wochenende im Leipziger Westbad die Delegierten eines Parteitags versammeln, werde der sächsische Landesverband erstmals mehr als 11 000 Mitglieder haben, sagt Schaper. Das sind doppelt so viele wie bei ihrem Amtsantritt und mehr als in jeder anderen Partei im Land.

»Wir waren die Vorsitzenden der Krisen.«

Susanne Schaper Ko-Landeschefin Die Linke

Außerdem ist die Linke zwar nur noch mit sechs Abgeordneten im Landtag vertreten, hat dort aber mehr Einfluss als jemals zuvor. Derzeit laufen Verhandlungen über den 40 Milliarden Euro schweren Doppelhaushalt für 2025/26. Ob dieser wie geplant in der letzten Juniwoche beschlossen wird, hängt maßgeblich auch von der Linken ab. Die Minderheitsregierung aus CDU und SPD, der zehn Stimmen zur Mehrheit fehlen, braucht Rückhalt aus der Opposition, die im Gegenzug für eine eventuelle Zustimmung eigene politische Forderungen durchzusetzen sucht. Dabei ist die Linke im Spiel; Hartmann bestätigte Informationen, wonach sich die Koalition mit den Grünen und der Linken auf Rahmenbedingungen für die in der kommenden Woche anstehende Klausur des Haushaltsausschusses im Landtag geeinigt habe. Der Landtagsfraktion die nötige Beinfreiheit für weitere Verhandlungen und die finale Abstimmung zu verschaffen, wird die letzte große Aufgabe für das scheidende Führungsduo sein.

Ein Selbstläufer wird das nicht. Dem Parteitag liegt ein Antrag vor, der fordert, den Haushalt abzulehnen, da dieser »ein beispielloses Kürzungsprogramm« darstelle. Auch unzulänglichen Kompromissen sollten sich die Abgeordneten verweigern. Als »Mindestbedingungen« für eine Zustimmung zum Etat werden die Finanzierung der Bereiche Soziales, Gesundheit, Kultur, Bildung und Klimaschutz »auf dem Stand von 2024 plus Inflationsausgleich« sowie die Möglichkeit der Aufnahme von Schulden genannt. Der Regierungsentwurf für den Etat hatte angesichts großer Haushaltslöcher teils drastische Einsparungen etwa in den Bereichen Soziales und Kultur vorgesehen.

Schaper und Hartmann, die als Vorsitzende und Vize auch die Landtagsfraktion führen und in die Verhandlungen eingebunden sind, geben sich überzeugt, dass diese auch aus Sicht der Linken zu annehmbaren Ergebnissen führen werden. Ihr Problem: Sie können am Wochenende zu den Details öffentlich noch nichts sagen. Die zeitliche Abfolge – erst der Parteitag, dann die Klausur im Landtag – sei »nicht auf Wunsch der Linken« festgelegt worden, betont Schaper. Hartmann ist aber zuversichtlich, dass »die richtigen Argumente in dieser außerordentlich schwierigen Situation« Gehör finden und der Parteitag »eine kluge Entscheidung« trifft. Womöglich werde er Bedingungen für ein Ja der Abgeordneten formulieren. Schaper betonte: »Die Menschen in Sachsen verdienen Planungssicherheit.« Derzeit befindet sich der Freistaat in der vorläufigen Haushaltsführung. Kommunen, Vereine und Initiativen erhalten nur einen Teil der üblichen Fördermittel, was teils existenzielle Probleme nach sich zieht.

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