Ukrainischer Premierminister Denys Schmyhal vor Ablösung

Wolodymyr Selenskyj könnte ukraini­schen Premier­minister bald aus­tauschen

Schon oft war über die Ablösung Denys Schmyhals als Ministerpräsident spekuliert worden, jetzt könnte es soweit sein.
Schon oft war über die Ablösung Denys Schmyhals als Ministerpräsident spekuliert worden, jetzt könnte es soweit sein.

Die Ukraine könnte demnächst einen neuen Premierminister bekommen. Das Präsidentenbüro von Wolodymyr Selenskyj plane die Ablösung des aktuellen Amtsinhabers Denys Schmyhal zugunsten der Wirtschaftsministerin Julia Swyrydenko, schreibt der Abgeordnete der liberalen Holos-Partei, Jaroslaw Schelesnjak, auf Telegram.

Nicht zum ersten Mal wird über die Ablösung spekuliert. Vielmehr sei es bereits seit 2020 jeden Sommer »Tradition, Schmyhal zu entlassen«. Doch während Selenskyj jedes Mal tatsächlich Minister austauschte, konnte Schmyhal sich in seinem Sessel halten.

Dieses Mal soll es aber anders sein. Laut Schelesnjak sei die Entscheidung bereits gefallen, für die Umsetzung müssten noch rechtliche Änderungen vorgenommen werden.

Tatsächlich hat Schmyhals Regierung den Rückhalt im Parlament verloren, sogar in der eigenen Fraktion. Die nötigen Unterschriften für eine Abwahl würden im Parlament zusammenkommen. Der ehemalige Parlamentssprecher Dmytro Rasumkow, der einst in Selenskyjs Partei Diener des Volkes war und sich vom Präsidenten abgewandt hat, soll schon mit der Sammlung von Unterschriften begonnen haben. Mit der Absetzung Schmyhals könnte die Regierung verhindern, der Opposition die Initiative zu überlassen, mutmaßt Schelesnjak.

Hinzu kommt, dass die Regierung in letzter Zeit viele Misserfolge verkünden muss, vor allem in den Bereichen Wirtschaft und Haushalt. Auch die Korruption bekommt sie nicht in den Griff. Durch die fehlenden Einnahmen wird es für die Ukraine zunehmend schwerer, internationale Kredite zu bedienen. Vor allem in oppositionellen Kreisen wird immer häufiger von einem drohenden Staatsbankrott gesprochen.

Noch genießt Schmyhal den Rückhalt von Dawyd Arachamija, Fraktionsvorsitzender der Selenskyj-Partei Diener des Volkes, und vom größten ukrainischen Unternehmer Rinat Achmetow, zu dem der Premierminister sehr enge Kontakte pflegt. Auch im Ausland hat er bei den Ukraine-Unterstützern einen guten Ruf.

Einiges spricht jedoch dafür, dass Schmyhal der prominente Rückhalt nichts nützen wird. Präsident Selenskyj hat zuletzt wieder an Zustimmung in der Bevölkerung verloren und muss handeln. Laut der jüngsten am Montag veröffentlichten Umfrage des staatsnahen Kiewer Internationalen Instituts für Soziologie vertrauen 65 Prozent der Ukrainer ihrem Staatsoberhaupt. Im Mai waren es noch 74 Prozent.

In der Ukraine gibt es durchaus den Wunsch nach Veränderungen, Wahlen sind wegen des geltenden Kriegsrechts aber ausgeschlossen. Neue Gesichter und neuen Input kann es demnach nur auf der Ministerebene geben.

Analysten sehen in der möglichen Ernennung Swyrydenkos zur Premierministerin auch eine Festigung der Macht des Präsidialamtes. Während Schmyhal den Rückhalt verschiedener Gruppen innerhalb des Machtapparates sucht, gilt die ehemalige Sprecherin von Selenskyjs Büro als loyal: loyal gegenüber dem Präsidenten und vor allem gegenüber seinem Büroleiter Andrij Jermak, der schon länger im Hintergrund die Strippen zieht und mit Swyrydenko noch mehr Einfluss auf die ukrainische Politik gewinnen könnte, zitiert das Nachrichtenportal Strana eine dem Präsidentenbüro nahestehende Quelle.

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