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Elizabeth MacDonough: Trumps mächtigste Blockiererin
Elizabeth MacDonough mag eine unscheinbare Juristin im US-Senat sein, doch sie allein hält derzeit große Teile von Trumps Steuergesetz auf
Die US-amerikanische Politik hat so einige Schrulligkeiten zu bieten. In keinem anderen so weit entwickelten Land kann jemand zum Beispiel Präsident werden, auch wenn er nicht die meisten Stimmen erhält. US-Bürger aus Puerto Rico und von anderen Inseln dürfen zwar bei Vorwahlen abstimmen, aber nicht, wenn es wirklich darauf ankommt. Und ausgerechnet die Einwohner der Hauptstadt Washington haben keine stimmberechtigten Repräsentanten in den Parlamentskammern.
Andererseits gibt es eine Person, die – obwohl nie gewählt – extrem viel Macht im US-Senat besitzt: Elizabeth MacDonough bekleidet seit mittlerweile 13 Jahren als erste Frau das 1930 eingeführte Amt der »Parliamentarian of the Senate« und ist sozusagen die Regelhüterin der oberen Parlamentskammer. Jene Regeln sind selbst auferlegt und ihre Einhaltung wird von der Schiedsrichterin überwacht. Da gibt es beispielsweise den Filibuster, der eine Abstimmung erst ermöglicht, wenn 60 der insgesamt 100 Senatoren zustimmen. Die Opposition kann also stets Gesetzesvorhaben blockieren, solange sie 40 Prozent erreicht, was bei dem Zwei-Parteien-System im Land die Regel ist.
Nur für wenige Fälle gilt der Filibuster nicht. Einer davon ist der Haushalt. Da reicht die absolute Mehrheit, was dazu führt, dass Präsidenten aller Couleur gern ihre Lieblingsprojekte ins Haushaltsgesetz schreiben. Auch das war ein Grund dafür, warum Donald Trump ein »big beautiful bill« forderte. In der unteren Kammer kam das Vorhaben schon durch, im Senat aber kommt nun Elizabeth MacDonough ins Spiel. Sie entscheidet, welche Teile des Gesetzes wirklich den Bundeshaushalt betreffen und welche stattdessen andere Gesetze durch die Hintertür ändern würden.
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Am Donnerstagabend erging nun das Urteil der 59-jährigen gelernten Juristin aus Arlington in Virginia, und Trumps Republikaner sind erbost: Schließlich verbietet MacDonough eine geplante Neuregelung, nach der Zahlungen durch die Krankenversicherung Medicaid erst getätigt werden dürften, wenn zuvor der Einwanderungsstatus eines Begünstigten abgefragt wird. Ebenso seien Steuerbeschränkungen für Versicherer auf Bundesstaatenebene unzulässig. Diese und andere nun disqualifizierten Bestimmungen sollten der Bundesregierung über einen Zeitraum von zehn Jahren Einsparungen von 200 bis 300 Milliarden US-Dollar einbringen. Kritiker hielten dagegen, dass sie besonders in ländlichen Gegenden zu einem Kliniksterben führen würden. Außerdem würden Millionen Menschen ihren Versicherungsschutz verlieren.
Eine Steuerentlastung von insgesamt etwa vier Billionen Dollar sollte das Gesetz erreichen, drei Viertel davon sind trotz aller Versprechen der Neoliberalen nicht gegenfinanziert, der Rest durch weniger Ausgaben bei Medicaid und Lebensmittelhilfen für Arme. Das Gesetz von Milliardären für Milliardäre ist das Prestigeprojekt Trumps, das er bis zum Nationalfeiertag am 4. Juli unterschreiben wollte. Nun aber sind die Senatoren gezwungen, es noch einmal umzuschreiben. Dann müsste erst MacDonough ihre Einwilligung erteilen, bevor es zur Abstimmung im Senat und zu einer weiteren im Repräsentantenhaus kommen könnte.
Klar, dass den Anhängern Trumps das missfällt. Mehrere Abgeordnete riefen bereits dazu auf, MacDonough zu feuern oder sie zu ignorieren. Das hatten auch schon die heutigen Oppositionspolitiker der Demokraten getan, als sie 2021 noch an der Macht waren und versucht hatten, ihr eigenes Haushaltspaket dafür zu missbrauchen, Einwanderungs- und Wahlgesetze umzuschreiben. MacDonough spielte auch damals die Rolle der allen Drohungen trotzenden Unparteiischen und wurde stets von der Mehrheit der Senatoren dabei unterstützt. So ist es auch diesmal.
Auch wenn nun Trump blockiert wird, jubeln die Demokraten kaum. Sie wissen, dass die schlimmsten Teile von Trumps Gesetz weder von der Bürokratin noch von ihnen selbst gestoppt werden können. Außerdem ist zu befürchten, dass die Konservativen andere Wege finden werden, Reichtum von unten nach oben zu verteilen.
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