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Gendarm der Briten
Peter Steiniger über Frankreichs Beitrag zur Migrationsabwehr am Ärmelkanal
Großbritanniens Premierminister Keir Starmer braucht dringend innenpolitische Erfolge. Ein Jahr nach Amtsantritt des Labour-Politikers sind die Umfragewerte seiner Regierung im Keller, weil die Wirtschaftslage trüb ist und die Kassen leer. Da traf es sich gut, dass beim Staatsbesuch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron in dieser Woche im Vereinigten Königreich neben Aufrüstung das Thema der irregulären Migration über den Ärmelkanal im Mittelpunkt stand. Im Bestreben, der extrem rechten Reform UK Wind aus den Segeln zu nehmen, hatte Starmer den Zustrom ebenfalls dramatisiert und versprochen, diese Route für die irreguläre Einwanderung auf der Insel zu schließen. Doch die Zahl verzweifelter Menschen ohne oder mit den »falschen« Papieren, die auf der Suche nach einer Perspektive den gefahrvollen Weg über die dicht befahrene Meerenge nehmen, ist auch in diesem Jahr weiter gestiegen.
Die Aufwärmung der Beziehungen zwischen Frankreich und dem Brexit-Land soll nun eine verstärkte Kooperation bei der Unterbindung dieser Form der Einwanderung unterstreichen. Nach Starmers Ankündigungen sollen Bootsflüchtlinge verhaftet und ruckzuck auf die andere Seite des Kanals zurückgebracht werden. Im Austausch soll eine entsprechende Zahl an Menschen die legale Einreise nach Großbritannien gestattet werden – also etwas, dessen Fehlen Flüchtlinge erst zu den riskanten Unternehmungen mit Gummibooten veranlasst. Außerdem soll Frankreichs Küstenschutz ihre Fahrzeuge auf offener See abfangen, wo sie bislang nur zu ihrer Rettung aufgebracht werden durften.
Zu befürchten ist, dass die Verstärkung der Kontrollen und der Repression an den französischen Stränden wie bisher nicht zu sinkenden Zahlen, sondern zu mehr sinkenden Booten und mehr Toten und Verletzten führt. Mit erst recht unfallträchtigen kleineren und schnelleren Booten, mit Überfahrten auf längeren Routen und unter ungünstigeren Bedingungen. Paris und London demonstrieren, dass es ihnen nicht um eine Bekämpfung von Fluchtursachen und um humanitäre Lösungen geht, sondern allein um symbolhafte Abschreckung.
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