Wadephul bewegt sich im Budapest-Komplex

Außenamt will bessere Haftbedingungen für Maja T. erreichen

  • Lesedauer: 4 Min.
Vergangene Woche übergab Majas Vater Wolfram Jarosch nach einem Protestmarsch eine Petition an Außenminister Wadephul. Das könnte der in Ungarn inhaftierten Person geholfen haben.
Vergangene Woche übergab Majas Vater Wolfram Jarosch nach einem Protestmarsch eine Petition an Außenminister Wadephul. Das könnte der in Ungarn inhaftierten Person geholfen haben.

Im Fall der in Ungarn inhaftierten non-binären Person Maja T. kündigt Außenminister Johann Wadephul eine neue Initiative an. »Wir sind im Gespräch mit der ungarischen Regierung, um für Maja T. zunächst Verbesserungen in der Haftsituation zu erreichen«, sagte der CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Das Außenamt werde in der Sache kommende Woche »erneut in Ungarn vorstellig werden«.

Allerdings habe Ungarn bisher sein Interesse an eigener Strafverfolgung bekräftigt. T. sei »schwersten Vorwürfen ausgesetzt«, sagte der Minister. »Auch in Deutschland würde Maja T. daher mit einem Strafverfahren rechnen müssen«, fügte er hinzu.

T. steht in Budapest zusammen mit weiteren Beschuldigten aus Italien und Albanien wegen mutmaßlicher Körperverletzungen im Zuge von Protesten gegen Rechtsextreme im Februar 2023 vor Gericht. Dabei droht der Thüringer*in eine Verurteilung von bis zu 24 Jahren Haft. Mit einem Hungerstreik will T. bessere Haftbedingungen und eine Rücküberstellung nach Deutschland erreichen.

Nach Angaben eines Solidaritätskomitees und des Vaters Wolfram Jarosch hat Maja T. in rund vier Wochen Hungerstreik bereits 14 Kilogramm verloren und wurde wegen gesundheitlicher Probleme in ein Haftkrankenhaus verlegt. Darauf hatte Jarosch vergangene Woche in einem Protestmarsch von Jena nach Berlin aufmerksam gemacht und dem Außenamt eine von Eltern der Inhaftierten gestartete Petition mit über 100 000 Unterschriften übergeben, in denen die Rücküberstellung von T. gefordert wurde.

T. war im Dezember 2023 in Berlin verhaftet und im Juni 2024 nach Ungarn ausgeliefert worden – obwohl das Bundesverfassungsgericht dies untersagt hatte. Doch die Entscheidung aus Karlsruhe war wenige Minuten zu spät gekommen. Das erkennt auch Wadephul an: »Die Auslieferung ist zu einem Zeitpunkt erfolgt, als die Verfassungsgerichtsentscheidung noch nicht zugestellt war«, sagte der Minister RND.

Wolfram Jarosch sieht in der Ankündigung Wadephuls eine hoffnungsvolle Entwicklung. Die Frage sei aber, warum dies ein Jahr lang gedauert habe. »Der Rechtsverstoß nach der Auslieferung von Maja dauert weiter an. Die Bundesregierung ist in der Pflicht, dies wieder gutzumachen«, sagte der Vater zu »nd«. Vor der damaligen Eilentscheidung habe das ungarische Justizministerium gegenüber dem Berliner Kammergericht zugesagt, die europäischen Menschenrechte einzuhalten – das sei nicht passiert. Jarosch hat deshalb die Erwartung an Wadephul, dass nun in der Sache substantiell etwas erreicht werde und die Grundrechtsverletzung aufhöre. Auch die Isolationshaft von Maja T. müsse beendet werden.

»Das ist erst mal ein kleiner Erfolg, denn bisher hat sich Wadephul ja ausgeschwiegen«, sagte ein Sprecher der Soligruppe BASC über die Neuigkeit aus Berlin zu »nd«. Bisher wüssten die Familie sowie Maja T. dies aber nur aus der Presse. Auch seien die Ankündigungen Wadephuls vage formuliert: Unklar sei, worüber eigentlich verhandelt werde. »Die Aussagen sind deshalb kein Anlass, im Druck auf die Bundesregierung nachzulassen«, so der Sprecher. Maja T. lasse dazu ausrichten, der Gesandte des Außenamts, der mit Ungarn verhandeln würde, solle sie auch im Haftkrankenhaus besuchen.

Auch die frühere Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte sich im Fall der in Ungarn inhaftierten deutschen Staatsbürger*in eingeschaltet und sich ebenfalls für eine Verbesserung der Haftbedingungen eingesetzt. Dazu traf sich Wadephuls Vorgängerin in Thüringen mit Eltern von Inhaftierten im Budapest-Komplex. Im Februar will sie in der Angelegenheit Gespräche mit der ungarischen Regierung geführt haben. Zudem soll sich auch die ehemalige grüne Staatsministerin Anna Lührmann auf diplomatischer Ebene für Maja T. eingesetzt haben.

Bei den deutschen Initiativen ging es auch um die Möglichkeit, statt in der Untersuchungshaft im Hausarrest auf die Prozesstermine zu warten. So hatte es das Budapester Gericht im Fall der ebenfalls wegen Übergriffen auf Neonazis angeklagten Ilaria Salis vor über einem Jahr verfügt. Ihr Fall war jedoch anders gelagert als der von Maja T.: Salis kandidierte damals – erfolgreich – auf der links-grünen Liste Italiens für die Wahl zum Europaparlament.

Neben Maja T. könnte bald eine weitere Auslieferung aus Deutschland folgen: Zusammen mit insgesamt acht Beschuldigten im Budapest-Komplex hatte sich der Sohn syrischer Geflüchteter Zaid A. wegen der Vorwürfe im Februar der Polizei gestellt und ein faires Verfahren in Deutschland statt in Ungarn gefordert. Während gegen zunächst sechs der sieben Deutschen nun vor dem Landgericht in Düsseldorf verhandelt wird, soll A. aus Sicht der deutschen Justiz in Budapest der Prozess gemacht werden. Ein endgültiger Beschluss zu seiner Auslieferung steht aber noch aus. Mit Agenturen

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