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Warum Macron zur Vernunft kommen muss
Frankreich erhöht die Militärausgaben. Mehr Sicherheit bringt das nicht
Emmanuel Macron ist zu Recht besorgt über die Situation der Welt. Die Konflikte zwischen den Staaten, aber auch innerhalb verschiedener Gebiete mit neuen privaten Akteuren, die ohne jegliche politische Kontrolle agieren, vervielfachen sich. Diese Situation sollte alle führenden Politiker der Welt alarmieren.
Die linke Medienlandschaft in Europa ist nicht groß, aber es gibt sie: ob nun die französische »L’Humanité« oder die schweizerische »Wochenzeitung« (WOZ), ob »Il Manifesto« aus Italien, die luxemburgische »Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek«, die finnische »Kansan Uutiset« oder »Naše Pravda« aus Prag. Sie alle beleuchten internationale und nationale Entwicklungen aus einer progressiven Sicht. Mit einer Reihe dieser Medien arbeitet »nd« bereits seit Längerem zusammen – inhaltlich zum Beispiel bei unserem internationalen Jahresrückblick oder der Übernahme von Reportagen und Interviews, technisch bei der Entwicklung unserer Digital-App.
Mit der Kolumne »Die Internationale« gehen wir einen Schritt weiter in dieser Kooperation und veröffentlichen immer freitags in unserer App nd.Digital einen Kommentar aus unseren Partnermedien, der aktuelle Themen unter die Lupe nimmt. Das können Ereignisse aus den jeweiligen Ländern sein wie auch Fragen der »großen Weltpolitik«. Alle Texte unter dasnd.de/international.
Doch die Welt, die dies zulässt, ist eine Welt, in der die Militärausgaben erhöht werden, die sich derzeit bereits auf 2,7 Billionen US-Dollar belaufen. Zugleich sinkt die Entwicklungshilfe auf 211 Milliarden – ein Betrag 13 Mal niedriger als die Militärausgaben. Es ist eine Welt, in der die jährliche Erhöhung des Verteidigungshaushalts Frankreichs, die vom Präsidenten angekündigt wurde, in etwa dem UN-Haushalt von drei Milliarden Euro entspricht.
Es ist eine Welt, in der das Völkerrecht, das die Menschen vor Willkür und der Herrschaft des Stärkeren schützen soll, tagtäglich verletzt wird. Und zwar von jenen Komplizen, die immer mehr Geld für Rüstung fordern und zugleich zögern, den Ländern des Globalen Südens bei ihrem ökologischen Wandel zu helfen. Es ist eine Welt, in der die internationale Gerechtigkeit missachtet wird, ohne dass die Staatschefs, die diese Gerechtigkeit eigentlich durchsetzen sollten, etwas Falsches an dieser Missachtung finden. Es ist genauso diese Welt, die wachsende Unsicherheit hervorbringt.
Die französische Tageszeitung L’Humanité wurde 1904 vom Sozialisten Jean Jaurès gegründet. Ursprünglich als Sprachrohr für die sozialistische Bewegung gedacht, vertritt sie seitdem konsequent linke und sozialistische Positionen. Sie setzt sich für soziale Gerechtigkeit, Arbeitnehmer*innenrechte und weltweiten Frieden ein.
Die Zeitung ist das ehemalige Zentralorgan der Kommunistischen Partei Frankreichs (PCF). 1999 entfiel der explizite Hinweis auf die Partei. Seit 2004 gehört die Zeitung zu 40 Prozent der PCF, Freund*innen und Mitarbeiter*innen halten je zehn Prozent, die Gesellschaft der Freunde 20 Prozent und Großunternehmen wie Sparkassen, der Sender TF1 und der Rüstungskonzern Lagardère den Rest. Heute arbeiten bei der L’Humanité etwa 60 Redakteur*innen; die Zeitung hat etwa 40 000 Abonnent*innen. Das 1930 erstmals begangene Pressefest, die Fête de L’Humanité, ist bis heute ein wichtiger Termin des gesellschaftlichen Lebens in Frankreich.
»Frieden ist ohne Gerechtigkeit unmöglich«, sagte Nobelpreisträger Desmond Tutu einmal. Wie können wir also glauben, dass Ausgaben für einen Krieg und gleichzeitig die Kürzung von Mitteln zur Vermeidung von Konflikten zu Frieden führen könnten? Vielleicht, weil der Frieden gar kein Ziel mehr ist. Wenn die Nato unter dem Druck von Donald Trump neue pharaonische Kredite verlangt, dann nicht, um einen Krieg zu vermeiden, sondern um in der Lage zu sein, ihn zum Nutzen einiger weniger zu führen.
In Frankreich wären die sozialen Folgen eines Verteidigungshaushalts von 100 Milliarden Dollar letztlich verheerend. Genauso verheerend wäre es im globalen Rahmen, die gemeinsamen Budgets für Frieden, Zusammenarbeit und den Kampf gegen den Klimawandel zu kürzen. »Mut bedeutet nicht, die Lösung von Konflikten, die sich mit Vernunft lösen ließen, durch Gewalt zu ersetzen«, sagte Jean Jaurès (früherer sozialistischer Politiker und Mitgründer von »L’Humanité« – d.R.). Es ist noch Zeit, zur Besinnung zu kommen.
Dieser Text ist am 14. Juli in unserem Partnermedium »L’Humanité« (Frankreich) erschienen. Der mit KI-Programmen übersetzte Beitrag wurde nachbearbeitet und gekürzt.
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