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  • Proteste gegen Hochhaus

Rudolfkiez in Friedrichshain ohne Klotz

Anwohner protestieren gegen geplantes Hochhaus in Friedrichshain

Hoch hinaus: Nach dem hier abgebildeten Edge-East-Side-Tower sollen im Rudolfkiez noch weitere Hochhäuser entstehen.
Hoch hinaus: Nach dem hier abgebildeten Edge-East-Side-Tower sollen im Rudolfkiez noch weitere Hochhäuser entstehen.

Seit Wochen wird heftig über ein weiteres Hochhaus im Ortsteil Friedrichshain gestritten. Nach dem bereits fertigstellten Edge-East-Side-Tower, in dem sich Amazon eingemietet hat, und einem geplanten Hochhaus der Kurth-Gruppe auf dem RAW-Gelände soll nun ein 140 Meter hohes Gebäude im Rudolfkiez hinter dem S-Bahnhof Warschauer Straße errichtet werden. Die Kritik wuchs zuletzt, nachdem der Senat das Bebauungsverfahren vom Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg an sich gezogen hatte, um die Pläne zu beschleunigen. Davon war auch die Stadtwerkstatt unter der Fragestellung »Hochhaus statt Kiezgewerbe?« geprägt, die am Dienstagabend mit 130 Besucher*innen in der Zwinglikirche im Rudolfkiez stattfand.

Es gibt gleich zwei Initiativen von Anwohner*innen, die sich gegen die Hochhauspläne wehren. Eine bringt schon im Namen »Kiez ohne Klotz« zum Ausdruck, was sie von den geplanten Hochhaus hält. Heerke, ein junger Anwohner, erklärte, dass sich sofort mehr als 30 Nachbar*innen zusammengetan hätten, als er dazu eingeladen habe. Ihnen gehe es um eine demokratische Entwicklung des Stadtteils, in dem soziale und ökologische Aspekte eine Rolle spielen.

Hochhaus statt Apotheke

Das ist auch das Ziel der Stadtteilinitiative »Wem gehört der Laskerkiez?«, die bereits seit vier Jahren gegen den Bau von Luxusprojekten aktiv ist. Timo Steinke von der Kiezinitiative beschrieb in einer der Arbeitsgruppen, wie der Laskerkiez in den vergangenen Jahren von Investoren wie Pandion und Trockland überrollt worden sei. Zugleich verschwänden Läden, die zur sozialen Infrastruktur gehören. »Es gibt keine Apotheke mehr im Laskerkiez und der Postspäti, der auch ein Anlaufpunkt für viele Menschen im Kiez war, musste schließen«, beschreibt Steinke die Entwicklung. Er betont aber auch die Erfolge der Initiative. So sei die Kündigung eines Spätis am Rudolfplatz rückgängig gemacht worden, nachdem sich zahlreiche Anwohner*innen mit Unterschriftenlisten dafür eingesetzt hatten.

»Viele Bewohner*innen im Lasker- und Rudolfkiez haben genug von immer mehr Hochhäusern und anderen Luxusprojekten. Sie haben aber auch genug von der Arroganz der Senatsparteien, die die Interessen der Investoren vertreten.«

Timo Steinke
»Wem gehört der Laskerkiez?«

»Als wir von der neuen Hochhausplanung hörten, haben wir sofort mit der Mobilisierung dagegen begonnen«, sagte Steinke und stellte eine dreiteilige Protestagenda vor. Bereits für den 14. August ist um 18 Uhr eine Kundgebung vor der Zentrale der Berliner SPD in der Müllerstraße in Wedding geplant. »Wir wollen zu der Partei gehen, deren Senator für den Hochhausbau im Senat verantwortlich ist«, begründet Steinke die Wahl des Ortes. Dabei soll es nicht nur um das geplante Hochhaus in der Rudolfstraße gehen. Direkt neben dem Club »About Blank« am Markgrafendamm will der Investor Trockland ein weiteres Hotelprojekt errichten. Der linke Club sieht sich massiv beeinträchtigt. Aber auch viele Bewohner*innen können auf weitere Hotels gerne verzichten – so wirkte es zumindest auf der Veranstaltung am Dienstagabend.

Angst vor der Autobahn

Um die weitere Entwicklung im Kiez soll es auf einer Podiumsdiskussion am 5. September ab 18 Uhr im »About Blank« gehen. Dort soll auch über eine Stadtentwicklung geredet werden, die im Interesse der Mehrheit der Bewohner*innen ist. Ebenfalls auf der Agenda: die geplante Erweiterung der A100, die viele Clubs und andere Einrichtungen in dem Kiez gefährden würde. »Wir zerstören Friedrichshain« steht auf den Aufklebern, die die Gegner*innen des Weiterbaus der Autobahn auf ihren Infostand in der Zwinglikirche verteilten.

Sie werden sich auch an der geplanten Demonstration beteiligen, die am 11. Oktober ab 15 Uhr am S-Bahnhof Warschauer Straße beginnen soll. Dazu ruft ein Berliner Bündnis gegen Gentrifizierung auf. Der Titel ist Programm: »Der Kiez hat genug«. Die Parole ist bewusst mehrdeutig gehalten. »Viele Bewohner*innen im Lasker- und Rudolfkiez haben genug von immer mehr Hochhäusern und anderen Luxusprojekten. Sie haben aber auch genug von der Arroganz der Senatsparteien, die die Interessen der Investoren vertreten«, betont Timo Steinke von der Stadtteilinitiative.

Vertrösten auf neue Mehrheiten nach den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus will man sich nicht lassen. Wenn Parteien wie die Grünen sich dagegen aussprechen, dass der Senat die Hochhausplanung an sich zieht, finde man das richtig. Aber auch Florian Schmidt, der auf der Veranstaltung heftige Kritik am Agieren des Senats übte, betonte gleichzeitig, dass der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg kompromissbereit gewesen sei und dem Senat die Hand gereicht habe. Auch mehrere Abgeordnete der Linkspartei sicherten den Stadtteilinitiativen ihre Unterstützung zu.

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