Zeckenstich: Pinzette oder Karte – das ist hier die Frage

Wie gefährlich sind Zecken für den Menschen, fragt Christian Klemm den nd-Gelehrten Steffen Schmidt

Zecken – Zeckenstich: Pinzette oder Karte – das ist hier die Frage

Steffen, man hört inzwischen vermehrt von Zeckenstichen in Berlin. Ich dachte, diese Tiere kommen vor allem in Süddeutschland vor.

Das ist ein Irrglaube. Zecken gab es eigentlich schon immer in ganz Deutschland. Dass der süddeutsche Raum eine besondere Erwähnung findet, hat eine andere Ursache.

Und die wäre?

Dass die Zecken, die dort vorkommen, eine akut recht gefährliche Infektionskrankheit übertragen können: die sogenannte Frühsommer-Meningitis, eine von Viren verursachte Hirnhautentzündung. In der Vergangenheit ist diese Meningitis vor allem im süddeutschen Raum vorgekommen.

Was kann man gegen diese Entzündung tun?

Sie lässt sich in der Regel schlecht behandeln. Allerdings gibt es eine effektive Impfung. Und in Risikogebieten wie im südlichen Sachsen, im östlichen Brandenburg, in Bayern und teilweise in Thüringen wird empfohlen, sich dagegen impfen zu lassen.

Dr. Schmidt erklärt die Welt

Dr. Steffen Schmidt, Jahrgang 1952, ist der Universalgelehrte der Redaktion. Auf fast jede Frage weiß er eine Antwort – und wenn doch nicht, beantwortet er eine andere. Christian Klemm sprach mit ihm über Zecken.

Und Zecken, die dieses Virus nicht in sich tragen, sind ungefährlich?

Nein.

Was können die übertragen?

In den USA geht man davon aus, dass ungefähr 16 verschiedene Krankheiten von den Zecken übertragen werden können, die dort vorkommen. Bei uns in Deutschland ist das vor allem die sogenannte Borreliose. Das ist eine bakterielle Infektion, die im Regelfall vergleichsweise harmlos verläuft. Wenn sie aber chronisch wird, können Schäden an den großen Gelenken oder auch an Nerven auftreten.

Gibt es auch dagegen eine Impfung?

Jein. Bei den Borrelien haben wir ein Problem: Bei uns in Europa gibt es eine größere Vielfalt an Bakterienstämmen als in den USA. Dort dominiert im Wesentlichen eine Variante dieses Bakteriums, sodass die dort einen halbwegs funktionierenden Impfstoff haben. Während es bei uns wegen der Vielfalt bislang schlecht aussieht. Zwar wird zurzeit ein Impfstoff entwickelt, der gegen mehrere Bakterienstämme immunisieren soll. Wann der eingesetzt werden kann, bleibt abzuwarten.

Wie sieht ein Zeckenstich aus?

Anders als Mückenstiche juckt er nicht. Aber das Tier ist auf der Haut relativ gut zu sehen. Im Falle einer Borrelieninfektion zeigt sich im Frühstadium meist die sogenannte Wanderröte. Das heißt, um den Einstich herum breitet sich ein roter Ring aus. Und da lohnt es sich dann, eine Antibiotika-Behandlung einzuleiten. Aber dazu musst du eben rechtzeitig wissen, ob du infiziert bist.

Verstehe. Wenn ich eine Zecke an mir entdecke – ziehe ich die selbst raus oder muss ich damit zum Arzt?

Das kannst du selber erledigen. Du besorgst dir dafür eine Zecken-Pinzette. Die ist so gebaut, dass du die Zecke nicht quetschst, wenn du sie rausziehst. Es gibt auch noch sogenannte Zeckenkarten. Die ähneln einer Scheckkarte, haben aber an einer Ecke eine Art Schlitz, den du unter die Zecke schiebst und das Tier so abziehst.

Wenn ich die Zecke zeitig an mir bemerke, dann ist das Risiko für eine Borreliose oder Meningitis gering, oder?

Die Wahrscheinlichkeit einer Infektion ist dann gering. Wenn du aber die Wanderröte beobachtest, dann geh zum Arzt.

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