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Israels Gerechtigkeitstheater
Matthias Monroy zu eingestellten Ermittlungen wegen Verbrechen im Gaza-Krieg
Israel wird von manchen seiner bedingungslosen Unterstützer*innen selbst nach 22 Monaten Gaza-Krieg im Vergleich zu palästinensischen Gruppen als der »menschlichere Akteur« gesehen: Sämtliche mutmaßlichen Kriegsverbrechen der eigenen Streitkräfte würden untersucht, so die Darstellung. Dies ist auch die Standardantwort der Regierung in Tel Aviv, wenn mal wieder auf einen Schlag Dutzende Zivilist*innen oder sogar Helfer*innen in Gaza mit Bomben aus der Luft oder mit Panzergranaten getötet wurden.
Der nun vorliegende Bericht der Londoner Organisation Action on Armed Violence entlarvt dieses Ermittlungssystem als Farce: Neun von zehn Untersuchungen versanden ohne Ergebnis. Die Zahlen mögen nicht repräsentativ sein, sie betreffen aber die wichtigsten bekannt gewordenen Verbrechen und belegen: Im Gaza-Krieg hat dies Methode. Schon der UN-Goldstone-Bericht von 2008 stellte israelischen Selbstuntersuchungen mangelnde »Transparenz und Glaubwürdigkeit« aus. Es ist offenbar sogar schlimmer geworden.
Die Scheinermittlungen sollen die weltweite Öffentlichkeit beruhigen und sind deshalb eine Verhöhnung des Völkerrechts – denn wenn ein Land eigene Untersuchungen einleitet, sind internationale Gerichte außen vor. Sie signalisieren israelischen Soldat*innen, dass Regeln sogar bei massenhaften Morden folgenlos gebrochen werden können. Und sie sind ein Betrug an den Angehörigen der Opfer, die niemals Gerechtigkeit erfahren. Denn die erfordert auch Anklagen und schmerzhafte Verurteilungen für die Täter*innen.
Auch die Freund*innen der angeblich »einzigen Demokratie im Nahen Osten« müssen sich für eine unabhängige, transparente und konsequente Strafverfolgung einsetzen. Wer Israel stattdessen weiterhin als »menschlicheren« Kriegspartner darstellt, macht sich mitschuldig an dem Gerechtigkeitstheater.
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