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Abschiebungen und Sicherheit: Dobrindts dreiste Lügen
Patrick Lempges über Alexander Dobrindt und seine Behauptungen im Zusammenhang mit Grenzkontrollen und Abschiebungen
Genüsslich kündigte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) am Donnerstag an, er werde die Kontrollen an allen deutschen Landgrenzen über den September hinaus fortführen und Asylsuchende weiter zurückweisen. In anderen Worten: weiter Recht brechen und Geld verschwenden. Als Nächstes kann er sich dann um das Vampir-Problem kümmern, wenn er schon fiktive Gefahren bekämpfen will. Dabei sind die Aktionen des Ministers nur eines: Symbolpolitik auf dem Rücken derer, die keine Lobby haben.
Dabei hat sogar die Bundespolizei die Nase voll. 4 000 Einsatzkräfte mehr, obwohl die Zahl der Asylanträge schon länger rückläufig ist. Um die Mehrarbeit irgendwie stemmen zu können, verzichte man »in großem Umfang auf die Aus- und Fortbildung«, hieß es von dort. Da ist Deutschland doch direkt sicherer. Bewaffnet, übermüdet und unzureichend ausgebildet: So wünscht man sich doch seine Beamten.
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Derweil arbeitet Dobrindt weiter unermüdlich daran, das Land sicherer zu machen. Seine Strategie: so viele Menschen wie möglich nach Afghanistan und bald auch nach Syrien abschieben. Denn von dort stammen aus seiner Sicht diejenigen, die hierzulande das Gemeinwesen gefährden. Um mehr Menschen nach Afghanistan abschieben zu können, arbeitet Dobrindt auch mit den Taliban zusammen. Man kann sich seine Freunde eben nicht aussuchen, wenn es um Deutschlands Sicherheit geht. Die Taliban als Hilfspolizisten im Dienste der christdemokratischen Sicherheitsarchitektur – wer hätte das gedacht.
Und wer sich um das Schicksal der Abgeschobenen sorgt, kann sein Gewissen beruhigen: Dobrindt zufolge wurden ausschließlich Leute »rückgeführt«, die »strafrechtlich in Escheinung getreten« seien. »Schwere Straftäter« hätten kein Aufenthaltsrecht. Allerdings behauptete er das mit den Straftätern zunächst auch mit Blick auf einen Abschiebflug in den Irak. Kurz darauf stellte sich heraus, dass unter den Abgeschobenen mindestens eine unbescholtene jesidische Familie mit vier minderjährigen Kindern war. So viel zur Glaubwürdigkeit von Dobrindt. Geltendes Recht wurde höchstwahrscheinlich auch bei der Rückführung der 81 Afghanen gebrochen, denn mindestens drei der Betroffenen wurden direkt aus psychiatrischen Einrichtungen heraus abgeschoben. Doch Dobrindt ist es egal, wenn er der Lüge überführt wird. Ihm geht es um rechtspopulistische Symbolpolitik, nicht um die Sicherheit etwa von Frauen vor Gewalt. Die wird weiter allermeist von Partnern oder Expartnern verübt.
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