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Friss und stirb
Die SPD ist in der Bundesregierung kaum mehr als ein Mehrheitsbeschaffer
Im olivgrünen Tarnanzug scheint sich das schwarz-rote Zweckregierungsbündnis am wohlsten zu fühlen. Wenn die von Friedrich Merz geführte Koalition Einigkeit und Handlungsfähigkeit beweist, geht es meist um Militärisches. Man denke nur an die Schuldenbremsen-Ausnahme, die weitere Aufrüstung der Bundeswehr oder die Genehmigung von Waffenexporten. Auch in Sachen »neuer Wehrdienst« steht jetzt, trotz gewisser Unstimmigkeit im Detail, ein beschlussfähiger Gesetzentwurf. Ob dass neue Konstrukt mehr oder weniger freiwillig ausfallen wird, soll sich noch im Gesetzesverfahren oder auch erst anhand der Musterungspraxis der kommenden Jahre klären.
Auch dieser Vorgang zeigt, dass die SPD in der Koalition kaum mehr als ein Mehrheitsbeschaffer ist, während CDU/CSU die Richtung vorgeben. Die Hardliner in der Union müssen sich lediglich in Geduld üben. Im Kontrast dazu werden die Bedenken der Jusos, dass schon der jetztige Gesetzentwurf die Hintertür zur Wehrpflicht öffnet, genauso nicht berücksichtigt wie die Bauchschmerzen der SPD-Linken mit der Aufrüstung. Diese haben das Problem, dass ausgerechnet Boris Pistorius, der genauso gut in die CDU passen würde, die höchsten SPD-Beliebtheitswerte aufweist. Profillosigkeit kommt gut an.
Das verheißt auch wenig Gutes für den vom Kanzler angekündigten »Herbst der Reformen«. Statt eine offene Debatte mit Experten und Verbänden zu führen sowie SPD-Vorstöße für eine höhere Besteuerung von Topverdienern und Superreichen einzubeziehen, gibt Merz die Stoßrichtung vor: Der Sozialstaat sei »nicht mehr finanzierbar«. Im wieder angesagten Kasernenton verlangt er von der SPD, die Kürzung von Leistungen in der Sozialversicherung mitzumachen nach dem Motto: friss oder stirb. Für den schwer angeschlagenen Juniorpartner wäre es jedoch eher ein: Friss und stirb.
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