Jagd auf den Wolf intern schon beschlossen

Naturschutzbund lobt gestarteten Dialog, der aber ergebnisoffen sein sollte

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.
Ausgestopft wie im Naturkundemusum Potsdam ist der Wolf keine Gefahr. Aber soll das die Lösung sein?
Ausgestopft wie im Naturkundemusum Potsdam ist der Wolf keine Gefahr. Aber soll das die Lösung sein?

Von knapp 500 Exemplaren bis zu 1600 reichen die Schätzungen, wie viele Wölfe inzwischen durch Brandenburg streifen. Wären es weniger als 500, käme der von Agrarstaatssekretär Gregor Beyer ins Spiel gebrachte Abschuss von 330 Tieren einer Auslöschung der unter Artenschutz stehenden Population nahe, warnt Carsten Preuß, Landesvorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz.

Nun ist Staatssekretär Beyer nach Differenzen mit seiner Ministerin Hanka Mittelstädt (SPD) jedoch faktisch seines Postens enthoben, auch wenn er offiziell Staatssekretär bleibt, bis eine andere Verwendung in der Landesverwaltung für ihn gefunden ist. Termine, für die er angekündigt war, hat er bereits nicht mehr wahrgenommen.

Am Donnerstag startete der Dialog über das künftige Wolfsmanagement. Ministerin Mittelstädt erklärte hinterher, sie wolle »alle beteiligten Akteure für einen breiten und sachlichen Dialog an einen Tisch holen und gemeinsam Lösungen finden, wie wir mit der fast flächendeckenden Verbreitung des Wolfs in Brandenburg« umgehen. Eingeladen waren Bauern, Wissenschaftler, Behördenvertreter sowie Tier- und Umweltschützer – zusammen rund 50 Personen, von denen einige gleich Vorträge zur Einführung ins Thema hielten.

»Ich bedanke mich bei allen Teilnehmenden für ihr Engagement und ihre konstruktiven Beiträge«, sagte Mittelstädt am Nachmittag. »Für uns ist dies der Start für einen Beteiligungsprozess mit dem Ziel, die gesellschaftliche Akzeptanz für den Wolf zu stärken und einen effektiven Herdenschutz für die Weidetierhalter zu unterstützen.« Es gehe nicht um »Abschussquoten als Selbstzweck«. Bis Herbst 2026 wolle man zu einem von der Mehrheit der vielfältigen Meinungen getragenen Wolfsmanagementplan kommen, »um vorbereitet zu sein, wenn der Wolf ins Bundesjagdrecht aufgenommen wird«.

Mittelstädts Staatssekretär Beyer hatte eine Abschussquote von 15 Prozent ins Spiel gebracht. Er ist Jäger und trifft »Rotwild auf den ersten Schuss«, wie er 2013 einmal launig erklärte, als er noch FDP-Landesvorsitzender war.

Nach Ansicht von Björn Ellner, dem Landesvorsitzenden des Naturschutzbundes, waren die Impulsvorträge gut geeignet, um in eine sachliche Diskussion einzusteigen. Die vom Landesumweltamt vorgestellte Methode, auf wissenschaftlich fundierter Basis den Wolfsbestand abzuschätzen, sollte nach Ellners Ansicht so fortgeführt werden. Hochgerechnet wird die Gesamtzahl der Exemplare nach gemeldeten Sichtungen und danach, wo und wie viele Wölfe von Wildtierkameras aufgenommen werden. Kritisch sieht Ellner, dass dabei dieses Jahr Lücken aufgetreten sind, weil es beim Landeshaushalt haperte. »So wird derzeit nur ein Drittel der Fläche Brandenburgs mit dem erforderlichen Standard bearbeitet.«

Aufgrund von Äußerungen aus dem Agrarministerium geht Ellner davon aus, dass es intern bereits beschlossene Sache sei, den Wolf ins Jagdrecht aufzunehmen und so den Abschuss zu erleichtern. »Ein solches Vorgehen ist aus Sicht des Nabu völlig inakzeptabel, schließlich ist bisher noch völlig offen, wie sich das zukünftige Wolfsmanagement gestalten soll«, findet Ellner.

Die Naturschutzverbände halten die bisherigen Regelungen für ausreichend. Demnach können im Ausnahmefall sogenannte Problemwölfe gejagt werden, die wiederholt in Schaf- und Rinderherden einbrechen oder in Siedlungen vordringen. Jonas Scholz vom Schafzuchtverband hat sich bereits vor einer Woche gegen eine Quotenjagd ausgesprochen und fordert stattdessen, den Schutz der Herden durch Zäune und speziell ausgebildete Hunde zu verstärken.

Im vergangenen Jahr rissen Wölfe in Brandenburg 944 Schafe und Ziegen sowie 55 Rinder, bei denen es sich zumeist um Kälber handelte. Wenn es dazu kam, obwohl die Herden durch geeignete Zäune oder Hunde geschützt waren, bekommen die Tierhalter eine finanzielle Entschädigung. 2024 summierte sich das auf insgesamt 180 000 Euro.

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