IAA-Proteste: Den Gedanken an eine andere Politik wachhalten

Sebastian Weiermann über die Demos und Aktionen gegen die Münchner Automesse

Aktive von Umweltverbänden, Verkehrswende-Initiativen, Gewerkschaften und antimilitaristischen Gruppen schlossen sich in München zum Protest zusammen.
Aktive von Umweltverbänden, Verkehrswende-Initiativen, Gewerkschaften und antimilitaristischen Gruppen schlossen sich in München zum Protest zusammen.

Verkehrspolitisch hat Deutschland den Rückwärtsgang eingelegt und gibt dabei Vollgas. Darüber können auch neue, über 400 PS starke Elektroautos von BMW und Mercedes nicht hinwegtäuschen. Sie zeigen nur, dass sich die deutschen Autobauer auch ein Stück vom elektrifizierten Individualverkehr holen wollen. Nicht mal von einer Antriebswende kann die Rede sein, denn die Autoindustrie ist sich einig, dass sie auch über das 2035 geplante Verbrenner-Aus hinaus Verbrenner produzieren will. In der Politik stößt diese Haltung sogar auf Unterstützung. Es geht schließlich um etwas. Den Standort Deutschland, Arbeitsplätze, Wertschöpfung im Land.

Darüber kann man offensichtlich vergessen, dass es Dinge gibt, die wichtiger sind als der Cashflow von Daimler, VW und BMW. Den Zustand unseres Planeten zum Beispiel. Entwicklung, Produktion und Nutzung von Autos verbrauchen jeden Tag Unmengen an Ressourcen. Ohne jede Notwendigkeit!

Das Bewusstsein dafür, dass der automobile Kapitalismus schlecht ist, war schon mal größer. Als die IAA 2019 zum letzten Mal in Frankfurt am Main gastierte, protestierten Zehntausende gegen die Autoshow und versuchten, die Eingänge zu blockieren. Auch am neuen Standort München fielen die Proteste in der Vergangenheit größer aus.

In diesem Jahr gab es, etwa mit der Autobahnblockade am Donnerstag, auch wieder spektakuläre Aktionen. Doch gehört werden die Stimmen der Autokritiker*innen weniger als in der Vergangenheit. Die Zeit eines irgendwie fortschrittlichen Klimadiskurses scheint in Deutschland erst mal vorbei zu sein. Umso mehr gilt es denen Respekt zu zollen, die am Wochenende in München protestiert haben, weil sie wissen, dass eine Antriebswende keine Verkehrswende ist und dass es so viel besser wäre, wenn Volkswagen Straßenbahnen statt SUVs produzieren würde. Ihr Protest hält immerhin den Gedanken daran wach, dass es eine ganz andere Klima- und Verkehrspolitik geben müsste.

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