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Eintracht Frankfurt in der Champions League: Gefährdete Magie
Die Eintracht begibt sich in der Königsklasse auf eine schwierige Mission – zum Start geht es direkt gegen Galatasaray Istanbul
Emotionen im Überfluss kündigen sich an. Wenn Eintracht Frankfurt gegen Galatasaray Istanbul am Donnerstagabend in die Champions League startet, ist wegen der vielen Gästefans großes Gefühlskino garantiert. Die Hessen werden vor Anpfiff noch ihre Identifikationsfigur Kevin Trapp ehren, die sich im Sommer in Richtung Paris verabschiedete. 383 Pflichtspiele im Zeichen des Adlers sollen gewürdigt werden. Der Torhüter war schließlich eine prägende Figur vieler magischer Nächte, die 2022 im Europa-League-Triumph von Sevilla gipfelten.
Europapokalpartien sind für den Klub immer besonders, aber nie war die Dichte an Topspielen größer als jetzt in der Ligaphase der Königsklasse. Der Bundesligadritte hat die härtesten Prüfungen in diesem Kalenderjahr erwischt: Auswärts Atletico Madrid, SSC Neapel und der FC Barcelona, dazu kommen Heimpartien gegen den FC Liverpool und Atalanta Bergamo.
Mehr Champions League geht nicht
Eine klare Vorgabe fürs Weiterkommen hat Sportvorstand Markus Krösche erst gar nicht formulieren wollen: »Wir wollen eine gute Saison spielen, uns mit den Besten Europas messen, eine gute Leistung und unseren Fußball auf den Platz bringen – dann werden wir sehen, für wie viele Punkte es reicht.« Er sehe für den Klub »nur Chancen, keine Risiken«. Bei der bisher letzten Teilnahme 2022/2023 hatten die Adlerträger das Achtelfinale erreicht, wo ihnen Italiens Meister Neapel allerdings deutlich die Grenzen aufzeigte.
»Wir wollten Champions League, wir haben Champions League bekommen – wir freuen uns darauf«, fasste der smarte Macher zusammen. Erst im Januar 2026 geht es zu Qarabag Agdam und am letzten Spieltag gegen Tottenham Hotspur. An den Londonern war die Eintracht im Frühjahr unglücklich im Europa-League-Viertelfinale gescheitert.
Damals verschuldete Torwarthoffnung Kaua Santos mit einem riskanten Einsteigen den entscheidenden Elfmeter und riss sich das Kreuzband, sodass der aus Bremen geholte Trapp-Nachfolger Michael Zetterer jetzt sein Champions-League-Debüt gibt. »Meine Karriere war nicht der klassische Weg. Da waren ein paar Dellen drin«, sagt der 30-Jährige. Deswegen sei er »umso dankbarer«, ein solches Highlight zu erleben: »Auf Vereinsebene ist es das Größte, was man erreichen kann.«
Und wo kann besser der Entwicklungsstand dieses vielversprechenden Kaders abgefragt werden als auf der Bühne der Besten? Hier zeigt sich, wie weit Jungspunde wie Can Uzun, Nnamdi Collins oder Nathaniel Brown in ihrer Entwicklung, wie durchsetzungsstark die Neuzugänge Ritsu Doan und Jonathan Burkardt sind. Der mit 88 Millionen Euro Ablöse versüßte Verkauf von Hugo Ekitiké zum FC Liverpool hat eine Lücke im Angriff gerissen, denn der flinke Franzose konnte mit seiner Finesse oft den Unterschied machen.
Wohl nur eingeschränkter Heimvorteil
Der erste Prüfstein kommt mit reichlich Prominenz. Der 25-fache türkische Meister und aktuelle Tabellenführer hat für die türkische Rekordsumme von 75 Millionen Euro den zuvor ausgeliehenen Torjäger Victor Osimhen aus Neapel fest verpflichtet, dazu Leroy Sané vom FC Bayern unter Vertrag genommen und auf den letzten Drücker auch noch den ehemaligen Kapitän der deutschen Nationalmannschaft, İlkay Gündoğan, von Manchester City losgeeist. Der 34-Jährige soll der neue Kopf der Gelb-Roten werden. »Unser Ziel ist es, die Marke Galatasaray Istanbul international wieder salonfähig zu machen«, gab Präsident Dursun Özbek als Devise aus. Nun lockt es Gala-Anhänger aus ganz Deutschland in die Mainmetropole, wo vom Gast sogar ein Fanmarsch organisiert wird.
Vierstellige Preise in Ticketforen werden aufgerufen und gezahlt. So viele türkischstämmige Bürger wollen beim Gastspiel im Herzen von Europa dabei sein, dass sich auch eine Herausforderung auf den Rängen ankündigt. Eintracht-Vorstand Philipp Reschke sagte: »Ein Duell mit so einer Nachfrage zieht massenhaft Betrüger an. Wir müssen ausdrücklich davor warnen, Karten auf dem Schwarzmarkt zu kaufen.« Außerdem scheint die Sorge groß, dass der Heimvorteil der Eintracht an diesem Europapokalabend nicht zum Tragen kommt – und die übliche Magie im rot illuminierten Waldstadion gefährdet ist. Trapp-Abschied hin oder her.
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