Das Gesetz für mehr Straßenbäume kommt so oder so

Fraktionschefs von CDU und SPD treffen sich mit Vertretern des Volksbegehrens Baumentscheid

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.
Demonstration des Baumentscheids im Juli 2025
Demonstration des Baumentscheids im Juli 2025

Am 1. Juli hatte der Senat dem Berliner Abgeordnetenhaus noch empfohlen, das Volksbegehren »Baumentscheid« abzulehnen. Der Plan, bis 2024 für 7,2 Milliarden Euro eine Million Straßenbäume zu pflanzen und 1000 Miniparks anzulegen, sei zu teuer und würde zur Folge haben, »dass viele andere wichtige Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr oder nur noch eingeschränkt erbracht werden können«, argumentierte Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU).

Doch nun signalisiert der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) ein Einlenken. Bei einem CDU-Landesparteitag am Samstag hatte er erklärt, dass eine Verständigung zum Baumentscheid möglich wäre. Er sei selbstverständlich auch für mehr Bäume. An diesem Mittwoch wollen sich die Chefs der Koalitionsfraktionen mit Heinrich Strößenreuther und seinen Mitstreitern treffen.

Strößenreuther hatte im August 2023 gemeinsam mit Génica Schäfgen die Initiative ergriffen. Ende 2024 sammelten fleißige Helfer bei klirrendem Frost innerhalb von sechs Wochen 33 044 Unterschriften für ihr Anliegen. Nach Einschätzung von Strößenreuther ist das geforderte Bäume-Plus-Gesetz »beschlussreif«. Es am 9. Oktober nicht zu beschließen, wäre »ein Zeichen fehlender Wertschätzung bürgerlichen Engagements«. Er möchte bei dem Treffen mit CDU-Fraktionschef Dirk Stettner und SPD-Fraktionschef Raed Saleh erfahren, wo diese denn noch Verhandlungsbedarf sehen. Eine Einigung bis zum 9. Oktober wäre machbar, wenn es wirklich gewollt sei.

Der Gedanke, dass zuerst die sogenannten Hitzeviertel mit einem hohen Anteil an Menschen in prekären Lebenslagen begrünt und damit gekühlt werden sollen, gefällt SPD-Fraktionschef Saleh. Das sei für die SPD eine soziale Frage und treffe im Kern eine sozialdemokratische Grundhaltung, meint er.

CDU-Politiker Stettner erklärt: »Das Kernanliegen der Initiative ist gerade aus bürgerlicher Sicht absolut richtig und verdient unsere Unterstützung.« Die beiden Fraktionschefs verabredeten eine Arbeitsgruppe der Koalition, die von den Parlamentarischen Geschäftsführern beider Parteien geleitet werden soll. Diese Arbeitsgruppe solle prüfen, inwieweit das Bäume-Gesetz durch das Abgeordnetenhaus im Wesentlichen übernommen werden könne. Nicht vom Tisch ist damit die Einschätzung, dass sieben Milliarden Euro oder mehr im Haushalt nicht darstellbar seien, ohne anderswo empfindlich zu kürzen.

Doch die Initiative weist darauf hin, was bei ihrer Anhörung durch den Umweltausschuss am Montag deutlich geworden sei: Das Pflanzen und Pflegen der Bäume könnte mit innovativen Methoden deutlich günstiger organisiert werden. Bürger und Firmen könnten dabei und bei der Bewässerung eingebunden werden, womit dies billiger werden würde.

Die CDU merke, dass ihr die Felle davonschwimmen, bewertet Strößenreuther den Sinneswandel der Christdemokraten. Auch deren Wähler seien für die vorgeschlagenen Maßnahmen. »Die Bevölkerung ist so wütend, wie Berlin mit seinen Bäumen umgeht«, sagt er »nd«. Sollte es zu keiner Einigung kommen, wären die in einer zweiten Stufe des Volksbegehrens mindestens notwendigen 170 000 gültigen Unterschriften keine Hürde, ist Strößenreuther überzeugt. Würde sich die CDU dann noch verweigern, könnte es zeitgleich mit der Abgeordnetenhauswahl im September 2026 einen Volksentscheid geben. Spätestens dann komme das Bäume-Gesetz.

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